St. Gallen zeigt die weltweit erste Transgender-Oper – Lili Elbe
Gallen zeigt das Drama um eine transsexuelle Künstlerin eindringlich und psychologisch intensiv. Mit der faszinierenden Baritonistin Lucia Lucas ist diese Oper auch ein Abend über die eigene Geschichte der amerikanischen Die bejubelte Uraufführung von Tobias Pickers Oper «Lili Elbe» am Theater St. Transgender-Sängerin geworden.
Theaterdirektor Jan Henric Bogen hat sich nicht bloss für einen Klassiker zum Anlass der Neueröffnung des Hauses entschieden. Er wählte ein Drama, das indessen im Nachbarland viel stärker verhandelt wird, als in der Schweiz selbst. Mit «Lili Elbe» leistet das Theater St. Gallen seinen ganz eigenen Beitrag zur Transgender-Debatte.
Der grosse Erfolg der Premiere zeigt, dass das Thema Geschlechtsangleichung schon in den 1920er-Jahren aktuell war. Das Drama steht zudem für das Anderssein und Andersfühlen insgesamt und hält den Zeigefinger auf Toleranz und Intolereranz.
«Lili Elbe» ist die Geschichte der transsexuellen dänischen Malerin gleichen Namens. Als Elmar Wegener geboren, erlebte die Künstlerin eine packende Geschichte und besonders eine Liebesgeschichte, die sich rund um Identität und Selbstverständnis drehte.
Der amerikanische Komponist Tobias Picker hat eine spannende, zeitgenössische Oper dazu verfasst und sie der Baritonistin Lucia Luca auf den Leib zugeschnitten. «Diese Oper ist meine Geschichte», sagt denn auch diese dazu. Wie nahe ihr die Geschichte kommt, ist ihrer bravourös und facettenreichen Interpretation anzusehen. Der lange und beschwerliche Weg vom einen in das andere Geschlecht wurde mit «Lili Elbe» hervorragend umgesetzt.
Das Libretto zu Tobias Pickers Oper wurde von Partner Aryeh Lev Stollmann geschrieben. Inszeniert wurde die Oper vom polnischen Regisseur Krystian Lada, der auch für das Bühnenbild verantwortlich war. Ihm gelingt eine dichte, komplexe und stets anspruchsvolle Dramaturgie. Die Tanzkompanie des Theaters St. Gallen unter Frank Fannar Pedersen umspielt das Operngeschehen auf vieldeutige Weise. Es entsteht dadurch eine spannende Metaebene, die viele emotionale und psychologische Ebenen der Geschichte ausleuchtet.
Ein roter Faden, der sich durch das Drama zieht, ist der Orpheus-Mythos. Krystian Lada verpackte ganz subtil auch die Story von Orpheus und Eurydike mit hinein. «Tobias Picker hat eine intensive, komplexe und stilistisch abwechslungsreiche Musik dazu komponiert. Da gibt es viele moderne, oft kammermusikalisch gedachte Ideen (bis hin zu zwölftonalen Zitaten), die sehr genau auch die jeweiligen Rollen und ihre psychologischen Farben zugeschnitten sind», schreibt die Aargauer Zeitung.
Die Veränderungen an ihrem Mann merke zuerst Gerda Wegener, die ebenfalls Malerin sei. Sylvia d’Eramo spielt diese sehr emotional und gesanglich lupenrein. Sie verkörpert eine Frau, die auch ein Transgender-Schicksal ihres liebsten Menschen übersteht. Die Hin- und Hergerissenheit zwischen Akzeptanz und Irritation bietet eine zusätzliche Ebene. Dinge werden neu gedacht, die man nie erdenken konnte.
Ein Mosaik an neuen Denkmöglichkeiten wird ausgelegt. Alles hervorragend in Schauspiel und Gesang umgesetzt. Selbst die Grenzen medizinischer Machbarkeit würden angedacht. Mit einem aufrüttelnden Duo von Lili und Gerda endet das grosse Werk. Die Diskussionen über die Oper und das Thema sind erwünscht. Darin liegt ein weiterer wichtiger Wert.
Weitere Aufführungen:
29. Oktober / 2. November / 5. November