Alles nur Theater, oder was?
«Alles nur Theater?», fragt sich die neue Ausstellung im Haus Appenzell in Zürich, die es bis 29. April 2023 zu sehen und erleben gilt – mit Puppentheater, Papierkulissen, Opernhaus in Zimmergrösse, Dekors und Ausstattung, wie bei grossen Bühnen. Kleine Theater kommen derzeit ganz gross raus und das Haus Appenzell hat ein grosses Herz für kleine Theater. Das bringt die aktuelle Ausstellung bestens zum Ausdruck. Mit dabei ist auch eine Marionettenbühne aus Appenzell.
Alles dreht sich um Miniaturtheater, Marionetten und Wohnzimmeropern. Es ist ein aufwendig bestücktes Marionettentheater im Barock-Stil aus dem Museum in Appenzell mit von der Partie. Den Ausstellungsmachenden – allen voran Kuratorin Hao Hohl-Yu – merkt man die Begeisterung für dieses Metier an. Mit viel Liebe zum Detail für das Theater, die Oper, die Geschichten und vom Wunsche erfüllt, das Publikum in andere Zeiten und Länder reisen zu lassen.
Es gibt eine Privatsammlung historischer Papiertheater aus Europa zu sehen, eine für ihre Zeit technisch ganz raffiniert ausgestattete Marionettenbühne der in München ansässigen Appenzeller Gebrüder Tobler aus dem 19. Jahrhundert. Sie ist zwischen 1897 und 1900 entstanden. Gebaut haben sie Justus und Georg Tobler, die Söhne des aus Trogen stammenden Kunstmalers, Victor Tobler (1846 -1915) – natürlich mit Unterstützung des berühmten Vaters. Sie verzaubert mit eindrücklichen Kulissenbildern, Schwertern, Degen, Kanonen, elektrischer Beleuchtung und einem Bühnenvorhang mit Vertikalzug. Dabei sind die mit grösster Sorgfalt kreierten Opernszenerien des Dekorateurs Bernhard Vogelsanger (1920 – 1995), der während fast 50 Jahren in seiner Genossenschaftswohnung in Zürich -Schwamendingen das wohl kleinste Opernhaus der Welt bespielte.
Der zauberhaft, reichbebilderte Begleitkatalog erzählt die zweihundertjährige, erstaunliche Geschichte des Papiertheaters. Doch das soll nicht nur Geschichte bleiben, diese liebgewonnene Theaterform soll weiterleben. Dank der sozialen Medien kann derzeit eine weltweite Vernetzung. beobachtet werden. «Daraus können sich internationale Festivals und eine Vielzahl an Vorstellungen dieser kleinen Form des Theaters ergeben», sagt Rüdiger Koch aus Berlin, langjähriger Vorstand im Forum Papiertheater. So wird im kommenden Jahr das Papiertheater Museum im Hanauer Schloss Philippsruhe, nach einer Generation seines Bestehens, neu eröffnet. «Mit der Anerkennung des Papiertheaters als nationales Kulturerbe in Deutschland hofft die noch immer recht kleine Gemeinde der Sammler und der Papiertheaterschaffenden auf Nachwuchs, so dass das Fortbestehen dieser Theaterform, die in ihrer Vielschichtigkeit ihresgleichen sucht, auch bis ins nächste Jahrhundert gesichert ist».
Die Ausstellung im Haus Appenzell kann dazu beitragen, die Kultur des Modelltheaters im häuslichen und öffentlichen Raum ein kleines Stück weiter in die Öffentlichkeit zu bringen. Das Begleitprogramm beinhaltet auch verschiedene Theatervorstellungen. Der umfassende Katalog, 128 Seiten beinhaltend, ISBN 978-3-85882-869-9, ist auch im Ausstellungsshop Haus Appenzell in Zürich erhältlich.