Bärinnenstarker Mut, ein grosser Traum und eiserner Lebenswille

Bärinnenstarker Mut, ein grosser Traum und eiserner Lebenswille

Erstmals erzählt die junge Friedensnobelpreisträgerin  im Buch “Malala. Meine Geschichte”  über ihr Leben und spricht darin besonders die junge Leserschaft an. In Zusammenarbeit mit der Bestsellerautorin Patricia McCormick, ist ein aufrüttelndes, direktes und einfühlsames Buch entstanden, das Mut macht, den eigenen Weg zu gehen, selbst wenn dieser voll mit Stolpersteinen gepflastert und lebensgefährlich ist.

Illustriert mit persönlichen Fotos der jungen Malala und gespickt mit erklärenden Dokumenten, erhalten die Leser/-innen ein höchst bewegendes und authentisches Bild vom Leben in Pakistan unter den Taliban, wo Mädchen kein Recht auf Bildung zusteht.  Wenn Malala von “besondere Fähigkeiten”, die sie hat, spricht, meint sie nicht ihre Kraft und ihren Mut, sondern dass sie die Finger- und Zehenknöchel auf Wunsch knacken lassen kann. Sie ist ein ganz normales Mädchen, kein Girlie und schminkt sich nicht. Und sie liebt die Farbe Rosa in jeder Form. Malala ist ordentlich und wundert sich, dass Jungs ständig ein Chaos im Schulthek haben. Der Teenager, der auch vom Genuss der schwarzen Schokolade schwärmt, ist also ein ganz normales Mädchen? Doch nein, so einfach ist es nicht. Malala hat nämlich etwas, das sie von den meisten Gleichaltrigen unterscheidet: einen starken Willen, einen grossen Traum und Mut, so stark wie eine Bärin.

“Lieber Gott, dies war nicht mit mir abgesprochen¦”, sagt Malala.

Malala ist gläubig, doch sie hadert  manchmal mit Gott. “Dies war nicht mit mir abgesprochen”, macht sie ihm schon einmal klar, wenn sie ungerecht behandelt wird oder etwas passiert, das sie ändern will. Ihr Vater ist Malalas Held, denn er erzieht sie gleich wie ihre Brüder. Und er steht ihr auch bei, als sie ihre Freundin bestiehlt und erzählt ihr vom Kampf für den Frieden. Malala entschuldigt sich und gibt den gestohlenen Schmuck zurück, selbst wenn sie ihr Handy nicht wiederbekommt, das ihre Freundin ihr vorher stahl. Malala lauscht gern den Worten der Männer, die sich mit Politik befassen, während die Frauen und Mädchen des Dorfes sich über Schmuck, Männer und andere Frauen unterhalten. “Am meisten liebte ich es, mich über die Gespräche über die grosse Welt jenseits unseres Dorfes verzaubern zu lassen”, schreibt Malala in ihrem Buch und beobachtet mit Sorge, wie die früheren Spielkameradinnen unter den Schleiern verschwinden, sobald sie Teenager sind. Ein Zukunftsszenario, das das Mädchen zutiefst beunruhigt.

An Malalas Wissensdrang stören sich die Familienmitglieder und nennen sie “frech”, doch ihr Vater sagt: “Du kannst machen, was du willst. Du bist so frei wie ein Vogel”. Malala ist es aber dennoch  klar, dass selbst ihr geliebter Held die Meinung später ändern könnte. Sie würde zwar Ärztin werden dürfen, weil diese gebraucht werden und fast all ihre Freundinnen den gleichen Berufswunsch haben, doch sie hätte keine Zukunft als Anwältin, Ingenieurin, Modedesignerin oder Künstlerin. “Wird ein Mädchen geboren, kommt keiner zum gratulieren”, beschreibt Malala, während für den Jungen Freudenschüsse abgefeuert und Geschenke in die Wiege gelegt werden. Und die Mütter der Mädchen werden von den anderen Frauen als Versagerinnen bedauert, was Malala nicht nur traurig macht, sondern auch ihren Kampfgeist schürt. “Ich bin gleichwertig”, ist sich das Mädchen immer klar, doch es will nicht nur, dass es gleichberechtigt leben kann, sondern auch alle anderen Mädchen in ihrem Land und auf der Welt. Und so beginnt ein Weg, der Malala fast das Leben kostet, ihr aber letztlich grosse Verdienste und mit dem Friedensnobelpreis eine Auszeichnung bringt, die sie mehr als verdient hat.

“Ich bin das Mädchen, das die Taliban erschiessen wollten, weil es für das Recht auf Bildung kämpft”.

“Für alle Mädchen, die zum Schweigen verurteilt werden. Gemeinsam werden wir Gehör finden”, lautet die Widmung im Buch “Ich bin Malala. Das Mädchen, das die Taliban erschiessen wollten, weil es für das Recht auf Bildung kämpft”. Malala sieht sich in den Träumen in einem Zimmer, das mit Preisen versehen ist und ihr Schutz bietet. Doch wenn sie erwacht, findet sie sich in der Realität wieder, einer Realität, die sie fast ihr Leben kostet. “Meine Heimat hat Jahrhunderte aufzuholen”, weiss  Malala und schwärmt von einer stolzen Zeit und einem Land mit grosser Zukunft.

Lebensgefährlich verletzt wird das Mädchen in jener Schule, die ihr Vater schon vor ihrer Geburt gegründet hat. Das Mädchen ist voller Stolz, wenn es den Familiennamen in Stein gemeisselt liest. Malala beschreibt minutiös das Geschehen vor der Tat, die ihr Leben ändern soll. Sie hat kürzlich einen Preis für die Kampagne für die Bildung der Mädchen gewonnen – und es ist nicht ihr erster Preis, denn mit wenigen Ausnahmen, ist es immer Malala, die Auszeichnungen für ihre Arbeiten erhält. Und wenn sie es einmal nicht schafft, dann holt sich ihre Freundin den Preis.

Zur Schule können die Mädchen nun nicht mehr zu Fuss gehen. Das passt mit 15 nicht mehr. So schützt man den Kopf mit einem Kopftuch und nimmt gemeinsam den Bus oder eine Rikscha. “Die Taliban haben noch nie ein kleines Mädchen geholt”, wirft Malala die ängstlichen Gedanken ihrer Freundin über Bord. Sie soll sich aber täuschen. Ein junger bärtiger Mann holt über sie und andere aufmüpfige Mädchen Auskünfte ein. Den anderen Mann in Weiss, vermuten die Mädchen auf ihrer Schulfahrt als Journalisten, der sicher “ein Interview machen möchte”. Doch es ist der Attentäter, der Malala nach dem Leben trachtet, um die Fünfzehnjährige stumm zu stellen und letztlich die Bildung aller Mädchen zu verhindern.

Die beiden Bücher von und über Malala sind sehr lesenswert und lehrreich. Sie zeigen uns auf, dass es sich lohnt, mutig zu sein und für Überzeugungen einzustehen. Gäbe es nicht Menschen, die im Einsatz für die Rechte, ihr Leben riskierten, wäre die Welt verloren. Es bliebe alles immer beim Alten und nichts würde sich verändern. Wir leben in der Schweiz, in einem Land, in dem wir weitgehend unsere Meinung äussern dürfen und dennoch sicher sind. Dies ist die schönste Errungenschaft einer Demokratie. Vergessen wir nicht Menschen wie Malala oder die umgebrachten Macher von “Charlie Hebdo”, wobei der Vergleich leider etwas hinkt. Während Charlie Hebdo durch das Zeichnen von  Karrikaturen die Gefühle fundamentalistischer Kreise verletzte, kämpft Malala klug und unaufdringlich für das Menschenrecht der Bildung.

Malala Yousafzai, Patricia McCormick: Malala. Meine Geschichte

ISBN/EAN: 978-3-596-85660-2
Originaltitel: I Am Malala: How One Girl Stood Up for Education and Changed the World
Übersetzt von: Maren Illinger
Umfang: 269 S.
Einband: Gebunden
Lesealter: 12+
Erscheinungsdatum: 25.09.2014

Malala Yousafzai, Christina Lamb: Ich bin Malala. Das Mädchen, das die Taliban erschießen wollten, weil es für das Recht auf Bildung kämpft

ISBN/EAN: 978-3-426-27629-7
Umfang: 384 S.
Einband: Gebunden
Erscheinungsdatum: 08.10.2013


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