Ebenso neu wie kühn – Das Schweizer Fernsehen

Mit dem Portrait “Emilie Kempin-Spyri – Europas erste Juristin” erschien endlich ein Film auf dem Schweizer Fernsehen, der zum geschlechtergerechten Schweizer Geschichtsbewusstsein einen aktiven Beitrag leistet und einen Standpunkt im aktuellen HistorikerInstreit vertritt. Der Verein Feministische Wissenschaft Schweiz (FemWiss) begrüsst solche Sendungen und hofft, dass das SRF in Zukunft noch mehr Filme über Pionierinnen zeigt.

Verein Feministische Wissenschaft Schweiz FemWiss

Letzten Donnerstag zeigte das Schweizer Fernsehen den sorgfältig recherchierten Dokumentarfilm über das Leben und Wirken von Europas erster Juristin Dr. Emilie Kempin-Spyri (1853-1901). Der Film von der Regisseurin Rahel Grunder berührt und macht betroffen über die gezeigte Diskriminierung der Frauen und das dadurch geprägte Schicksal dieser mutigen und kämpfenden Pionierin. Zeitlebens wurde Dr. Emilie Kempin-Spyri das Praktizieren als Anwältin aufgrund ihres Geschlechts verwehrt. Ihre Beschwerde ans Bundesgericht mit der Berufung auf Artikel 4 der Bundesverfassung, dass mit “Jeder Schweizer ist vor dem Gesetze gleich” auch Frauen mitgemeint seien, wurde abgelehnt und als ebenso neu wie kühn bezeichnet. Rund 100 Jahre später trat die zweite Schweizer Juristin Prof. Beatrice Weber-Dürler in die Fussstapfen von Dr. Emilie Kempin-Spyri und unterzeichnete als eine der Ersten die Initiative, die 1981 den Gleichberechtigungsartikel in der Bundesverfassung brachte.

Mit der Ausstrahlung dieses Dokumentarfilms

geht das Schweizer Fernsehen mit gutem Beispiel voran und leistet einen wichtigen Beitrag zur Schweizer Geschichte, in denen gleich viele Frauen wie Männer Akteurinnen und Akteure waren. Endlich ein Film, der, fernab von geschichtsverzerrenden Heldenerzählungen und Schlachtenglorifizierung, die Leistungen einer Wegbereiterin in eine geschlechtergerechte Gesellschaft aufzeigt.

Dem SRF gebührt grosser Dank und Respekt,

dass es nach nur mal knapp zwei Jahren seit der einseitigen Sendung “Die Schweizer” so viel gelernt hat und endlich wahrheitsgetreu aufzeigt, wer die Schweiz zu dem gemacht hat, was sie heute ist. Es bleibt zu hoffen, dass noch mehr solche Filme folgen werden, dies nicht zuletzt auch deswegen, weil die tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann in der Schweiz noch nicht vollends erlangt ist. Erst wenn unter anderem die Lohngleichheit, die ausgewogene Vertretung der Geschlechter in jedem Bereich, die Tradierung der Geschlechterstereotypien in den Medien und die soziale Sicherheit für alle erreicht worden ist, hat die Schweiz ihren Ruf als Vorzeigedemokratie verdient. Und das SRF kann und soll dabei mit einer realitätsnahen und ideologiefreien Wissensvermittlung eine wichtige Rolle spielen.

Mehr Informationen zum Film, zur Regisseurin Rahel Grunder und zur Schauspielerin Julia Sewing:

Fil­me­ma­che­rin Ra­hel Grun­der im Ar­chiv der Car­ne­gie Hall in New York City.

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