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Eine Frau coacht Weltklassespieler Andy Murray

Für den Sieg hat es leider im Finale von Australien nicht gereicht. Zu stark spielte der Weltranglistenerste Novak Djokovic auf – und seine echten oder doch vermeintlichen ständigen Verletzungspausen während des Spiels brachten Andy Murray aus dem Konzept. Was aber Murray von allen anderen Tennis-Cracks unterscheidet ist die starke Frau an seiner Seite: Wimbledon-Siegerin Amélie Mauresmo.

 

Djokovic wird von Boris Becker gecoacht, Roger Federer von Stefan Edberg, Rafael Nadal setzt weiter auf Onkel Toni und Stan Wawrinka auf Magnus Norman. Nur Andy Murray hat sich für eine Trainerin entschieden: Wimbledon-Siegerin Amélie Mauresmo. Ein Raunen ging durch die Reihen der Tenniswelt, als Murray verkündete, die 34-jährige Französin sei die neue Frau an seiner Seite. Wie immer um die All-England-Championsships herum, gab er damit wieder Rätsel auf. Würde er mit einer Trainerin seinen Wimbledon-Sieg verteidigen können? Doch leider liefen die ersten Spiele unter dem neuen Coach nicht wie gedacht.

Vertrauen in weiblichen Coach

Nichtsdestotrotz, Murray stand zu seinem Entscheid und vertraute weiterhin auf Mauresmo. «Ich sehe keinen Grund, dass jemand wie Amélie mir nicht helfen kann», wird er zitiert. Die Sportlegende Ivan Lendl hatte ihm zwar nach 77 Jahren den ersten britischen Heimsieg verschafft, doch zog sich dieser ins Private zurück, sodass ein neuer Coach gefunden werden musste. Während er sich für seinen Entscheid spitze Kommentare der meisten Profis gefallen lassen musste, lobte ihn Mauresmos Landsmann Jo-Wilfried Tsonga für seinen Mut. «Wir sind Teil einer neuen Generation. Uns ist es egal, ob ein Coach Mann oder Frau, schwarz oder weiss, gelb oder grün ist», soll dieser geäussert haben.

Erste Trainerin war Mutter Judy

«Wenn es dazu beiträgt, im Profitennis mehr Trainerinnen in Männer- oder Frauensportarten zu bringen, ist es eine gute Sache», sagte Murray. Wobei es nicht so ist, dass der Schotte noch gar nie mit einer weiblichen Bezugsperson gearbeitet hätte. Seine erste Trainerin war Mutter Judy, die ihn vom dritten Lebensjahr an, an den Tennissport heranführte. Judy Murray, Tochter des schottischen Profi-Fussballers Roy Erskine und spätere Teamchefin der britischen Fed-Cup-Mannschaft, war selbst Tennistrainerin für den schottischen Verband und begleitete die Karriere des Sohnes, der bis zum elften Lebensjahr auch Fussball spielte und zusammen mit seinem Bruder Jamie als Doppeltennisspieler einige Titel gewann.

Männer im Griff

Er suche die «zu ihm passende Persönlichkeit mit der passenden Erfahrung, um ihm zu helfen». Die Trainerin, die als Aktive in Wimbledon gewann und ihm vorherigen Jahr Marion Bartoli zum Titel führte, hat sich ganz schön gemausert. «Vielleicht kann ich versuchen, ihm zur einen oder anderen Sache beizutragen», und «Seine DNA wird sich mit mir nicht drastisch verändern», bleibt Mauresmo selbstbewusst. Als französische Fed-Cup-Teamchefin hat sie ebenfalls die Männer im Griff. Den Franzosen Michael Llodra hat sie zudem während Jahren erfolgreich gecoacht. «Mit ihrer taktischen Expertise und ihrer Erfahrung wird sie uns zu Verbesserungen antreiben. Jeder, den ich kenne, spricht in den höchsten Tonen von ihr», stand Murray auch zu Mauresmo, als es in den Anfangsspielen nicht besonders gut lief. Jetzt läuft es ihm aber umso besser.

Eine besondere Geschichte

Ist es die Geschichte von Murray, die ihn von allen weiteren Tennis-Cracks unterscheidet? In der Grundschule, die Murray besuchte, erlebte er 1996 ein Schulmassaker mit, bei dem ein 43-jähriger Mann 16 Erstklasskinder und ihre Lehrerin erschoss. Murray brauchte mehrere Jahre, um das Ereignis zu verarbeiten. Oder ist es der ganz normale Umgang mit der Mutter als Trainerin, der Murray einen so gleichberechtigten Umgang mit einem weiblichen Coach ermöglicht? Hat ihn seine langjährige Partnerin Kim Sears, Tochter des englischen Tennistrainers, beeinflusst? Oder ist es ganz einfach Andy Murrays besonderer Charakter, der ihn mit diesem Entscheid von allen anderen Tenniscracks und den meisten Tennisdamen unterscheidet?

Gelebte Gleichstellung

Fakt ist, dass der ehemalige Weltranglistenzweite, Grandslamsieger, Olympiasieger, englische Nachwuchssportler und Sportler des Jahres, Officer des Order of the British Empire (OBE), World Sports Award-Sieger und mehrfache Ehrendoktor niemandem etwas beweisen muss. Den Sieg gegen Djokovic im Final in Australien schaffte er leider nicht, wohl aber den Sieg in den Herzen seiner Fans und vieler Frauen, die für die Gleichstellung kämpfen. Murray trägt übrigens auch selber gerne Rock, den traditionellen Kilt, einen Wickelrock, der in Schottland «nur von ganzen Männern» getragen wird.

Nachtrag zum Artikel

Andy Murray hat im April 2015 seine Freundin, Kim Sears, geheiratet. Natürlich im traditionellen Kilt. Und Amèlie Mauresmo und ihre Freundin Sylvie Bourdon, werden im Sommer 2015 Eltern. Auch die Schwangerschaft und Mutterschaft von Mauresmo sollen einer weiteren Zusammenarbeit der beiden Tenniscracks Mauresmo/Murray nicht hinderlich sein. Coach Mauresmo wird nach dem Mutterschaftsurlaub ihre Aufgabe als Trainerin wieder aufnehmen.

 

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