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Frauen befinden sich längst auf der Überholspur – Glosse eines Ostschweizers

Frauen befinden sich längst auf der Überholspur – Glosse eines Ostschweizers

«Das Leben ist zu kurz, um die freie Fahrt den Männern zu überlassen», findet der Autor einer Glosse. Die Gleichstellung von Mann und Frau sei in den letzten Jahren schnell vorangeschritten, nur mit einem Thema hätten die  Herren weiterhin ihre liebe Mühe: das Autofahren.

Manchmal kann Fernsehen lehrreich sein. In der ARD-Sendung über Verkehrssicherheit «Der 7. Sinn» etwa hat die Nation Wichtiges gelernt: Frauen können nicht rückwärts einparken. Sie benutzen auch den Rückspiegel als Schminkspiegel. Vor allem aber, und das macht sie zum gemeingefährlichen Geschoss, sie haben Angst um ihren Busen und tragen deshalb keinen Sicherheitsgurt.

1975, lange her? Heute ist der Aufklärungsfilm ein Youtube-Klassiker. Doch darüber lachen kann nur, wer nicht zum Geschlecht gehört, das dort am Strassenrand händeringend vor der geöffneten Motorhaube stand und mit seinem Atombusen männliche Hilfe heranwinkte. Denn die Ergonomie der Damen und die Vorurteile der Männer sind ein Fakt: Auch deshalb ist der Motorsport noch immer eine festgefahren männliche Bastion. Vor allem dort, wo es um richtig viel Geld geht – in der Formel 1. Bereits die Väter der Verkehrspsychologie wussten, niemand will von einer Frau überholt werden.

Unterwegs in die Ferien, das Szenario ist bekannt. Wer die Ferienfahrt als Testfahrt versteht, um ein Bild von der Genderfrage am Steuer zu bekommen, wird sich an den Mister Ecclestone erinnern, der Frauen das Ego für den Rennsport abspricht.

Männer, die ihre verlängerte Potenz laut aufheulen lassen, wenn frau sie in einem männlichen Überholmanöver rechts liegen lässt? Man findet sie von Lugano bis Fuhlsbüttel auf jeder Autobahn. Das Fahrerweibchen dagegen sucht Harmonie. Es will mit Gesten den Verlierer beschwichtigen und ihm bedeuten, dass es für sein unweibliches Verhalten gute Gründe habe: Zum Beispiel ganz einfach, weil Goofy in seinem 911er zu rammsdösig auf der Spur ist.

Frauen im Cockpit, die tun, was vorbeijagende Männer tun, nämlich den Vogel zeigen? Man zählt sie an einer halben Hand ab. Frau steckt die Schlappe weg und sucht den Fehler bei sich. Oder sie freut sich über den Po des Porsches, der jetzt vor ihr dümpelt. Aber das Leben ist zu kurz, um das Recht auf freie Fahrt den Männern zu überlassen. Wer in die Zukunft will, wählt die Überholspur.

Glosse: Daniele Muscionico, NZZ

Bild: Die Rennfahrerin Danica Patrick befindet sich auf der Überholspur (AP  / AJMast)

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