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“Gebt den Schweizerinnen ihre Geschichte!” – Marthe Gosteli, ihr Archiv und der übersehene Kampf ums Frauenstimmrecht

“Gebt den Schweizerinnen ihre Geschichte!” – Marthe Gosteli, ihr Archiv und der übersehene Kampf ums Frauenstimmrecht

So der Titel des Buches von Autorin Franziska Rogger, das in diesem Jahr im Verlag Neue Zürcher Zeitung herausgekommen ist und laut Untertitel: “Marthe Gosteli, Ihr Archiv und den übersehenen Kampf ums Frauenstimmrecht” schildert. Eine Geschichte, die ich aus eigener Erfahrung, jedoch aus einer ganz anderen Perspektive, kenne. Aus der Perspektive einer jungen Frau und Mutter, die scheel angesehen wurde, weil sie sich für das Stimmrecht einsetzte, sich politisch interessierte und auch entsprechend äusserte.

Martha Beéry

Das Buch schildert also nicht nur diese für die Geschichte der Schweiz prägende Wende der Möglichkeiten der politischen Einflussnahme, sondern auch Voraussetzungen und Hintergründe dazu. Das und etliches, das sich während meiner eigenen Lebensgeschichte ereignet hat und von dem ich lange nicht alles mitbekam, weil es nie aufgezeigt wurde, ist beschrieben. Genau und detailliert dargestellt, dass ein wirklich guter Einblick ermöglicht wird. Das hat mich erstaunt aber auch betroffen gemacht, weil mir dabei besonders aufgefallen ist, wie damals wie heute, lange nicht alle für Frauen relevanten Informationen von den Medien aufgenommen, beschrieben und verbreitet werden.

Das Buch ist den Schweizerinnen gewidmet

“für eine eigenständige Geschichte der Schweizerinnen, für ein stolzes Selbstbewusstsein und eine gleichberechtigte Zukunft”. Und da schon lese ich nicht nur darüber hinweg sondern hindurch, es geht um Gleichberechtigung, nicht Gleichstellung, und um Selbstbewusstsein, nicht Anpassung. Also kein mit den Füssen baumelndes Heidi auf der Bühne von Parteiveranstaltungen (SVP) zu den kommenden Wahlen im Herbst 2015 sondern um Frauen, die Mitgestalten und Mitbestimmen wollten und wollen.

Im ersten Teil

wird beschrieben wie und in welchen Zusammenhängen sich die Stimmrechtsbewegung positioniert hat und wie gearbeitet, sich gefreut, gelitten, gestritten, gesiegt wurde.

Im zweiten Teil

wird Marthe Gosteli, ihr Lebensweg, ihre Eingebundenheit und ihre Selbständigkeit geschildert, ein Lebensweg der aus der Bestimmung in Selbstbestimmung hineingeführt hat und dann in Mitbestimmung.

Im dritten Teil

wird genau dieser eigene Weg als Beispiel in der historischen Dimension aufgezeigt: “Prägungen und Frauenpolitik der Vorfahrinnen und Ahnen. Vom Mitglied des Familienverbunds zur individuellen Persönlichkeit”.

Ein Buch also, das verschiedene Dimensionen von Frau sein aufzeigt in einer Zeit in der sie aus dem Menschen über den bestimmt wurde, zum gleichberechtigten Menschen die eigene Vorstellungen von ihrem Leben und dem anderer Frauen auf der Welt hat. Dass dieser Prozess noch lange nicht abgeschlossen ist und viele Frauenorganisationen noch immer je in ihrem Bereich an der Arbeit sind diese Vision zu verwirklichen dürfte vielen klar sein.

Das Buch spricht mehrere Ebenen an

– Die offizielle, die noch immer zu wenig aktiv ins Geschehen der Nicht Diskriminierung von Frauen eingreift (Lohngleichheit, Darstellung von Frauen in den Medien usw.)

– Die Persönliche, die aufzeigt wie Frauenleben verlaufen können, wenn sie sich nicht ins stereotype Frauenbild einreihen möchten. Wie es Frauen gelingt, ihre Vorstellungen vom Zusammenleben und ihrer Rolle in die Realität umzusetzen.

– Es zeigt aber auch die Kräfte auf, die Jahrhundertelang wirksam waren, dass Frauen ihre Meinung zur Gestaltung des Lebens in der Gesellschaft nicht kundtun durften.

Im Epilog: “Wer die Geschichte kennt, hat Vorbilder und Zukunft”

wird genau das beschrieben, was ich zur Zeit auch in Harald Welzers Buch lesen kann: Geschichtslosigkeit macht blind gegenüber nichtintendierten Folgen von Entscheidungen; ein historischer Horizont bietet dem gegenüber den Vorteil; sich selbst und seine Optionen in einem Bedienungszusammenhang zu sehen, und führt in der Regel zu geringerer Euphorie und grösserer Vorsicht, also zu mehr Fehlerfreundlichkeit und Reversibilität.

Ein Buch also: das zur rechten Zeit kommt

und so hoffe ich, seinen Beitrag leisten wird daran, dass Frauen mehr über ihre eigene Geschichte wissen wollen und nicht nur das, sondern auch mitbestimmen wollen, an dem wie sich unser Land und unsere Gesellschaft entwickelt und in der Welt von heute die Zukunft eben dieser Erde mitgestaltet.

Ein Buch auch, das ermutigen kann zu politischer Stellungnahme, u.a. aktuell zum Beispiel zugunsten der Eidg. Wahlen im Oktober 2015.

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