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Gesetz über Menschlichkeit: Raum steht leer – schwerst behinderte Gossauerin darf ihn nicht nutzen

Gesetz über Menschlichkeit: Raum steht leer – schwerst behinderte Gossauerin darf ihn nicht nutzen

Die Gossauerin Beatrice Andeer ist schwerst behindert. Nun kann sie deswegen ihr eigenes Haus nicht mehr bewohnen, wo sie auch Ferienwohnungen vermietet. Eine ideale Fläche wäre im selben Quartier frei – sie steht seit Jahren leer. Die Bürokratie lässt die Umnutzung in eine Wohnung nicht zu. Paragrafenreiterei vor Menschlichkeit?

 

Beatrice Andeer ist in ihrem Leben schwerst beeinträchtigt und musste im letzten Sommer wegen mehrerer Operationen – ihr Leben stand auf der Kippe – von einem Tag auf den anderen die Wohnung wechseln: Das eigene Haus kann sie nicht mehr nutzen, da sie die Treppen im Haus nicht mehr bewältigen kann. Küche und Badezimmer wurden jedoch bereits vor Jahren nach ihren Bedürfnissen ausgebaut. Weil sie zusammen mit ihrem Mann Daniel seit 40 Jahren in Gossau wohnt und dort auch bleiben möchte, hat das Paar kurzfristig eine angeblich rollstuhlgängige Zweieinhalbzimmerwohnung bezogen. Erst im Alltag entpuppte sie sich aber alles andere als barrierefrei. Entsprechend ist sie weiter auf der Suche – diese gleicht der Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen.

Raum steht leer – Ausnahme?

Seit einigen Wochen haben Beatrice und Daniel Andeer aber eine freistehende Fläche ganz in der Nähe ihres jetzigen Hauses im Visier. Knackpunkt: Es handelt sich um Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss eines modernen Mehrfamilienhauses, welche nur als Büro oder Gewerberäume genutzt werden dürfen. Die Stadt Gossau hat freundlich aber bestimmt wiederholt erklärt, dass es aufgrund des Zonenplans unmöglich sei, in diesen Räumlichkeiten Wohnraum zu schaffen. Pikantes Detail: Der Besitzer der Fläche kann diese viereinhalb Zimmer seit Jahren nicht vermieten und würde unverzüglich mit dem Ausbau in eine barrierefreie Wohnung beginnen. Ausserdem steht ohnehin eine Ortsplanungsrevision in Gossau an, da das Baugesetz nicht mehr dem neuen kantonalen Baugesetz entspricht, welches am 1. Oktober 2017 in Kraft gesetzt wurde. Beatrice Andeer fragt sich deshalb, ob die Menschlichkeit wirklich derart unter Paragrafenreiterei leiden muss. Sie bittet inständig um eine Ausnahmeregelung. Bislang vergebens, obwohl sie unter ihrem menschlichen Schicksal und ein Unternehmer unter seinem wirtschaftlichen Missstand leidet. Beatrice Andeer fragt sich: «Für Homeoffice werden gegenwärtig viele Ausnahmen gemacht, es wäre schön, wenn für einmal in die umgekehrte Richtung gesunder Menschenverstand angewendet würde. Für mich wäre das nicht nur ein Zeichen der Solidarität, sondern auch eine riesengrosse Erleichterung, denn eine Wohnung sonst umbauen zu müssen für meine Bedürfnisse, wäre unverhältnismässig aufwendiger.»

Wohnungen beleben Beherberungsmarkt

Die Ausnahmeregelung würde es dem Paar auch ermöglichen, das eigene Haus weiterhin zu bewirtschaften. In ihrem Gebäude sind eine dauerhaft bewohnte und neu zwei Ferienwohnungen eingerichtet. Die Ferienwohnungen sind sehr beliebt und in Gossaus dürftiger Beherbergungssituation durchaus als wichtiger Faktor zu bezeichnen. Damit tragen Andeers auch zur Belebung der Stadt bei und hoffen, dass seitens der Stadt doch noch ein Zeichen der Solidarität gesetzt wird.

Bildlegende: Beatrice und Daniel Andeer in ihrer angeblich behindertengerechten Wohnung: Sie hätten eine optimale Alternative in Aussicht, wenn die Gossauer Amtsstellen ausnahmsweise grünes Licht gäben.

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