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Zum Jahreswechsel – Gut oder schlecht? Wie war das Jahr? Und was kommt? – Teil 4

Zum Jahreswechsel – Gut oder schlecht? Wie war das Jahr? Und was kommt? – Teil 4

Frankenschock, die Flüchtlingskrise, Katastrophen, die Attentate in Paris, die Wahlen und der Abschied von verschiedensten Persönlichkeiten. Verabschieden wir das Jahr, das war und blicken wir in die Zukunft und auf die Betroffenheit für die Frauen.

Was auf Frauenleben in der Schweiz wohl die grössten Auswirkungen haben wird, ist die «Rentenreform 2015». Erstmals wurden die AHV und die Pensionskassengelder zusammenhängend behandelt. Dabei wählte der Ständerat den schnelleren Pfad als der Bundesrat. Die Reform soll demnach im Jahr 2018 in Kraft treten und das Rentenalter der Frauen ab dem 1. Januar 2021 auf 65 Jahre erhöht werden. Eine erste Erhöhung erfolgte demnach Anfang 2018 um 3 Monate, die nächsten Schritte Anfang 2019, 2020 und 2021.  Der Bundesrat plante den Anstieg in sechs Zweimonatsschritten von 2019 bis 2024. Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB und im Herbst wiedergewählter Ständerat des Kantons St. Gallen, wehrte sich vehement gegen die Angleichung des Frauenrentenalters an jenes der Männer. Solange die Lohndiskriminierung der Frauen bestehe, sei die Zeit dafür nicht reif. Besonders für Frauen in expliziten Frauenberufen wird die Erhöhung nicht einfach wegzustecken sein, etwa für Verkäuferinnen oder Frauen in Pflegeberufen. Christine Egerszegi, damalige Noch-Aargauer Ständerätin, erklärte, dass die Argumente dieselben wie vor 20 Jahren gegen die Erhöhung auf 64 Jahre seien. Jetzt sei man «eine Generation weiter» und müsse den Grundsatz «gleicher Lohn für gleiche Arbeit» nun vollständig umsetzen. Das Frauenrentenalter sei Bedingung, dass die Mehrwertssteuer zugunsten der AHV erhöht werde. Mit einem Mehr von 36 zu 8 wurde das höhere Frauenrentenalter im Ständerat angenommen. Es stimmten auch die Linken Pascale Bruderer (SP AG) und Anita Fetz (SP BS) dafür.

Rentenerhöhungen mit Kompensationsmassnahmen

Auch im zweiten Punkt folgte der Ständerat den Beschlüssen seiner vorberatenden Sozialkommission SGK und dem Bundesrat. Der für die Rentenhöhe massgebliche Umwandlungssatz in der beruflichen Vorsorge wird von 6,8 auf 6 Prozent gesenkt – innert vier Jahren nach Inkrafttreten der Vorlage und in Schritten von 0,2 Prozentpunkten. Ohne Kompensationsmassnahmen würde dies eine Rentenkürzung von 12 Prozent bewirken. Ständerat Paul Rechsteiner wehrte sich auch hierzu, denn die Pensionskassen erzielten nach wie vor ansehnliche Renditen, im Jahr 2014 rund 6,8 Prozent. Die Schwierigkeiten hätten mit den niedrigen Zinsen und nicht mit der Höhe des Umwandlungssatzes zu tun. Entscheidend sei aber, wie die Renteneinbussen kompensiert würden. Die Bürgerlichen hielten fest, dass aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung und der geringen Zinserträge die Renten nicht mehr finanziert seien. Jeder Rentenbezüger profitiere heute von einem Kapitaltransfer von 40’000 Franken, den die aktive Generation leisten müsse.

Heisse Debatten während dreier Tage geführt

Der Ständerat wollte zudem, anders als der Bundesrat, den Koordinationsabzug nicht abschaffen. Damit bliebe ein Teil des Lohnes in der zweiten Säule weiterhin nicht versichert. Heute beträgt der Abzug 24’675 Franken, nach dem Willen des Ständerates neu 21’150 Franken. Die Abschaffung hätte zu höheren Beitragszahlungen geführt und gleichzeitig zu mehr Alterskapital. Der Bundesrat sah es als Massnahme, um eine Rentenkürzung als Folge des tieferen Umwandlungssatzes zu verhindern. In den Debatten wurden andere Ausgleichsmassnahmen vorgeschlagen. Die Kommission wollte die AHV-Renten für Einzelpersonen um 70 und für Ehepaare um bis zu 226 Franken erhöhen, was die SVP und FDP bekämpfte. Man warnte vor der Vermischung der AHV und der zweiten Säule, auch würden die Kosten der Rentenerhöhung die Einsparungen durch das auf 65 Jahre erhöhte Frauenrentenalter übersteigen.

Diese Beschlüsse kamen letztlich heraus

  • Frauen sollen wie Männer mit 65 Jahren in Rente gehen, also ein Jahr später als heute. Die Übergangsfrist zur Angleichung beträgt drei Jahre. Im Jahr 2030 spült diese Entscheidung 1,3 Milliarden Franken in die AHV-Kasse.
  • Der Rentenbezug ist flexibel zwischen 62 und 70 Jahren möglich. Auch ein gleitender Rückzug aus dem Arbeitsleben ist möglich. Im Gesetz ist neu von einem Referenzalter die Rede, in dem die Rente ohne Abzüge oder Zuschläge bezogen werden kann.
  • Einen erleichterten Altersrücktritt für Personen mit tiefem Einkommen und mit langer Beitragsdauer lehnte der Ständerat ab.
  • Beiträge, die nach dem Referenzalter geleistet werden, wirken sich auf die Rente aus. Der heute noch geltende Freibetrag für Einkommen im Rentenalter wird aufgehoben.
  • Der Mindestumwandlungssatz zur Berechnung der Renten in der obligatorischen beruflichen Vorsorge wird von 6,8 auf 6 Prozent gesenkt. Neurenten sinken dadurch um rund 12 Prozent.
  • Im Gegenzug will der Ständerat neue AHV-Renten für Einzelpersonen um 70 Franken pro Monat erhöhen. Der Plafond für Ehepaare wird von 150 auf 155 Prozent einer Einzelrente erhöht. Bei einer Maximalrente beträgt der Zuschlag damit 226 Franken.
  • Zur Finanzierung der höheren AHV-Renten werden von Arbeitgebern und Arbeitnehmern je 0,15 Lohnprozente zusätzlich erhoben.
  • In der beruflichen Vorsorge soll der Koordinationsabzug leicht gesenkt, aber nicht abgeschafft werden. Die Altersgutschriftensätze für 35 bis 54Jährige werden um 1 Prozentpunkt erhöht. Beiträge an die Pensionskasse müssen künftig ab 21 Jahren (bisher 24 Jahre) entrichtet werden, was zur Bildung von zusätzlichem Alterskapital führt.
  • Das Mindeseintkommen für die obligatorische berufliche Vorsorge bleibt gleich. Für Teilzeitbeschäftigte ist eine separate Lösung vorgesehen.
  • Versicherte, die bei Inkrafttreten der Reform 50 Jahre oder älter sind, bekommen eine Einmaleinlage aus dem Sicherheitsfonds. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sie zu wenig Zeit haben, zusätzliches Alterskapital zu sparen.
  • Ansprüche von Witwen werden nicht eingeschränkt. Der Bundesrat will die Renten senken und auf Frauen mit betreuungsbedürftigen Kindern beschränken.
  • Die AHV-Beiträge für Selbstständigerwerbende werden nicht angehoben, auch die sinkende Beitragsskala bleibt erhalten.
  • Der Bund deckt weiterhin 19,55 Prozent der Ausgaben der AHV. Diese bekommt zudem den vollen Ertrag des Demografieprozentes der Mehrwertsteuer.
  • Zur Finanzierung der AHV wird die Mehrwertsteuer in drei Schritten um 1 Prozentpunkt erhöht. Der Normalsatz steigt aber nur auf 8,7 Prozent, weil die IV-Zusatzfinanzierung ausläuft. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer macht eine Verfassungsänderung nötig.
  • Einen AHV-Schuldenbremse mit automatischen Beitragserhöhungen und gebremstem Teuerungsausgleich lehnte der Ständerat ab.
  • Die Versicherten müssen wie heute mit mindestens 90 Prozent am Überschuss von Lebensversicherungen beteiligt werden. Für Pensionskassen gelten neue Transparenz- und Aufsichtsvorschriften.

Die Schweiz ist europaweit längst nicht an der Spitze

In den meisten europäischen Staaten gab es Rentenerhöhungen. In vielen EU-Ländern kennt man keine unterschiedlichen Rentenalter von Männern und Frauen, nicht einmal in den skandinavischen Ländern, die als Vorzeige-Wohlfahrtsstaaten gelten. Anders als in der Schweiz funktioniert dort aber die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorbildlich. In Norwegen liegt das Rentenalter bei 67 Jahren, in Finnland bei 65 Jahren, Dänemark will auf 67 Jahre erhöhen, ebenfalls die Niederlande, Polen und Deutschland. In Schweden kennt man die flexible Lösung zwischen 61 bis 70 Jahren. Irland und Lettland planen ein Rentenalter von 68 Jahren. Brüssel mahnte in einem Weissbuch zur Rentenpolitik grössere Schritte an, als die Schweiz jemals ins Auge fasste, wobei das Drei-Säulen-Prinzip einer staatlichen, beruflichen und privaten Vorsorge nicht berücksichtigt wurde. Die EU riet zu einer Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung. Weiter sei der Zugang zum vorzeitigen Ruhestand einzuschränken. Hinsichtlich der Geschlechter, seien die Unterschiede zu beenden. In einigen EU-Ländern erreichen Frauen das Rentenalter immer noch fünf Jahre vor den Männern.

Stand AHV/IV am 1.1.2016:

www.ahv-iv.ch/p/3.04.d

Informationen zur Vorbereitung auf die Pensionierung finden Sie hier:

www.ch.ch/de/vorbereitung-pensionierung/

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