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In die «Faszination Archäologie» eintauchen – im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen

In die «Faszination Archäologie» eintauchen – im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen

Archäologie ist die Lehre von den Altertümern. Allgemein gut verständlich beschrieben, kann sie ganz schön spannend, ja faszinierend sein. Archäologie anschaulich und lebhaft vermitteln, das ist auch das Ziel der Kuratorin Sarah Leib, die seit 2013 als Archäologin im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen tätig ist. Ihre kürzlich erschienene Publikation trägt den Titel «Faszination Archäologie».

In Form einer kulinarischen Zeitreise hat sich Sarah Leib an die 50‘000 Jahre Geschichte des Kantons St. Gallen herangetastet. Sie berichtet unter anderem von bronzezeitlichen Fischknödel. Zur Römerzeit wird Moretum, eine römische Käseplatte serviert und zum Dessert gibt es im Mittelalter Nonnenküsse. Wer aber ein Rezeptbuch erwartet, der geht fehl. Die Autorin möchte lediglich ihren Lesern ein Stück Archäologie schmackhaft machen. Sie berichtet anschaulich von den Schätzen aus St. Galler Boden, mit Bezug auf die Hintergründe zur Archäologie des Kantons St. Gallen.

Die Markasit-Knolle aus dem Drachenloch***

Der älteste Fund im Kanton ist eine Markasit-Knolle, die neben einer etwa 53‘000 Jahre alten Feuerstelle in der Höhle Drachenloch bei Vättis gefunden wurde. Mit dem Mineral – chemisch gesehen ein Eisensulfid – kann man Feuer entfachen. Schülerinnen und Schüler, die mit der Klasse eine Führung durch die archäologische Abteilung HVM machen, können das selber ausprobieren. Als ausgebildete Pädagogin kann Sarah Leib die Freude an der Archäologie bei den Führungen bestens weitervermitteln.

Das Buch «Faszination Archäologie» taucht in eine spannende Welt ein und gibt Einblick in das Leben der Menschen vergangener Zeiten. Es erscheint zur Dauerausstellung gleichen Titels im Historischen- und Völkerkundemuseum St. Gallen. «Der Rundgang durch über 50‘000 Jahre Geschichte des Kantons St. Gallen» wurde von Janine Durot ansprechend attraktiv illustriert (Verlag FormatOst, CH 9103 Schwellbrunn, ISBN 978-3-03895-002-8).

Sarah Leib (geboren 1981) studierte Ur- und Frühgeschichte an der Universität Wien und doktorierte an der Universität Innsbruck. Sie war als Feldarchäologin bei Grabungen in Österreich und in Italien tätig und arbeitete als Projektmitarbeiterin an der Universität Innsbruck. Seit 2013 ist sie Kuratorin der archäologischen Abteilung im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen. Seit 2015 arbeitet sie zudem als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Amt für Kultur, Archäologie des Fürstentums Liechtenstein. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Archäologie des  Mittelalters und der frühen Neuzeit, Alltagskultur, Ofenkeramik und Bergbau.

Bild: Sarah Leib

***Anmerkung der Redaktion: Bitte unterstützen Sie die ‘Wemakeit-Crowdfunding-Aktion’ und helfen Sie, unsere Geschichte zu sichern!
Archäologin Sarah Leib im Interview

OCH: Was hat dich bewogen, das Buch zu schreiben?

Sarah Leib: Die Publikation «Faszination Archäologie – Schätze aus St.Galler Boden» soll interessierten Leserinnen und Lesern einen Überblick über die Kantonsgeschichte geben. Und das anhand von übersichtlichen Texten und zahlreicher Abbildungen, Fotos und Rekonstruktionszeichnungen. Gleichzeitig ist es auch ein kleiner kulinarischer Reiseführer: Jedes Kapitel wird eingeleitet von einem historischen Rezept, das zum Nachkochen anregen soll.

OCH: Was sind deine Gedanken zur Archäologie in St. Gallen?

SL: Der grösste Teil der Menschheitsgeschichte ist eine schriftlose Zeit. Im Kanton St.Gallen sind es immerhin über 50‘000 Jahre Geschichte. Die schriftliche Überlieferung beginnt mit der römischen Epoche vor gut 2000 Jahren. Was stand in der Steinzeit auf dem Speiseplan? Wie lebten die Menschen in der Bronzezeit und welche innovativen Techniken zur Metallbearbeitung wurden angewendet? Auf viele dieser Fragen aus den ‘schriftlosen’ Epochen kann die Archäologie daher Antworten geben.

OCH: Gibt es noch ‘Schätze’ zu entdecken?

SL: Für die Archäologinnen und Archäologen sind ‘Schätze’ meist nicht aus Gold oder Silber, obwohl sie sich darüber sehr freuen würden. Meist sind es die kleinen Details, die besonders spannend sind. Es ist wie mit einem Puzzle: Jedes Teil ergibt ein klareres Bild der Vergangenheit.

OCH: Wo gibt es Entdeckungen?

SL: Archäologische Entdeckungen werden am laufendenden Bande gemacht – meist kommen sie bei Bauvorhaben zu Tage. Die Kantonsarchäologie dokumentiert dann die Befunde und hebt die Funde. Die Fundorte sind so vielfältig wie die Lebensräume des Menschen, vom Hochgebirge, über Siedlungen wie in St.Gallen oder Kempraten bis hin zu Unterwasserfunden, ist mit allem zu rechnen.

OCH: Was ist deine Lieblingsfundstelle in St. Gallen?

SL: Bei der grossen Vielfalt an Funden fällt es nicht leicht, sich für einen Lieblingsfundplatz zu entscheiden. Im mittelalterlichen Alt-Weesen faszinieret die unglaubliche Fundmenge. Nirgendwo sind so viele Alltagsgegenstände und Hausreste des späten 14. Jahrhunderts in der Ostschweiz erhalten. Aber auch das römische Kempraten, mit seinen immer neuen Erkenntnissen, ist äusserst spannend. Durch die Bauarbeiten, die ständig am Laufen sind, tauchen immer wieder auch neue Funde auf. Zuletzt war es das Mithräum, direkt am Ufer des Zürichsees.

OCH: Was sind die Besonderheiten der Archäologie in der Ostschweiz?

SL: Die zahlreichen Fundstellen aus allen Epochen machen für mich unter anderem die Besonderheit aus. Die Drachenlochhöhle und das Wildenmannlisloch sind die am höchsten gelegenen Höhlen der Schweiz, die die Menschen der Altsteinzeit begangen haben. Mit dem römischen Vicus von Kempraten brachten die Römerinnen und Römer städtischen Flair an den Zürichsee. Und die jüngsten Entdeckungen in der Altstadt von St. Gallen geben Einblick in die Gründungszeit durch den Einsiedler Gallus im 7. Jahrhundert.

Viele der Fundstellen liegen an den wichtigen Verkehrsrouten von Ost nach West, entlang des Walen- und Zürichsees – beziehungsweise von Nord nach Süd durch das Rheintal. Und daran hat sich nicht viel verändert. Heute benutzen wir noch dieselben Verkehrs- und Handelsrouten wie vor Jahrtausenden.

 

Nächste Veranstaltungen: Stadt, Land, Fluss, Römer am Bodensee vom 27. Oktober 2018 bis 17. März 2019

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