«Maria Theresia – die Macht der Frau» – die Parallelen zur modernen Zeit sind gross
Die Feministin und Unternehmerin Elisabeth Badinter befasste sich während sieben Jahren mit dem Leben der Maria Theresia und kam dabei zu ihrem Buch «Maria Theresia – die Macht der Frau». Zu den Frauen der modernen Zeit sieht die Autorin gleich einige Parallelen, besonders aber die feministischen Attribute Frausein, Mutterschaft und Berufstätigkeit auf einen Nenner zu bringen.
Die konservative Herrscherin im konservativen Umfeld sei völlig einzigartig gewesen in ihrer Zeit, sagt die französische Feministin und Unternehmerin Elisabeth Badinter. Das Leben der Maria Theresia erinnere sie stark an die Lage der Frauen im 21. Jahrhundert. Maria Theresia hat ihr grosses Reich in die Moderne geführt. Sie erneuerte das spanische Hofzeremoniell, indem sie eine menschliche Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern und zu den Soldaten einging. Und damit eroberte sie ihr ganzes Volk. Sie präsentierte sich als «Mutter der Nation» und vereinigte ganz nebenbei die drei feministischen Attribute: Frausein, Mutterschaft und Unternehmertum.
Maria Theresia war keine «Kaisergattin», wie es im Buche stand. Sie fand dies viel zu erniedrigend. «Ihre wahre Macht beruhte darauf, Königin von Böhmen und Ungarn zu sein», sagt Autorin Elisabeth Badinter. Emotionell aber war sie durchaus abhängig von ihrem Mann und ihrem Sohn. Sie war sich dessen auch bewusst. Doch ihre Linie war klar, besonders auch im schwierigen Momenten, wie etwa als es um die Erbfolge ging. Hier entschied sie im Interesse ihres Gatten und nicht des Landes Österreich.
Maria Theresia genoss ihre Macht – und dies bis zum Tode. Auf dem Umschlag der französischen Ausgabe des neuen Buches ist nicht umsonst ein Zitat Friedrich II. zu lesen, nach dem die Herrscherin «Lust zu dominieren» gehabt habe. Badinter zeigt aber auf, dass Maria Theresia die Macht mit unglaublichem Charme und diplomatischen Geschick wahrnahm. In Versailles warnte der König seine Botschafter nicht umsonst: «Seid vorsichtig, lasst euch von dieser Frau nicht bezirzen!» In moralischer Hinsicht lag Maria Theresia klar über ihm.
Im Falle Polens verriet sie ihre Prinzipien weniger klar. Gerade, weil sie es aber manchmal tat, wurde das Interesse der Feministin Elisabeth Badinter für diese Frau geweckt. Die Frau, die in ganz Europa im Ruf einer hohen, ja vielleicht christlich-exzessiven Moralität stand, beteiligte sich wider ihre Prinzipien an der Aufteilung Polens. Das habe sie vor eine Zerreissprobe gestellt. Maria Theresia unterlag einer Duplizität, war charmant und diplomatisch und verfügte daneben über grossen politischen Instinkt, die sie gemeinsam und gezielt einzusetzen wusste, zum Beispiel als sie mit dem Erbfeind Frankreich eine Allianz einging. «Zu Maria Theresias femininen Waffen gehörte auch, in der Öffentlichkeit zu weinen», so Badinter.
Schon als Kind hatte Maria Theresia die Theaterkunst gelernt, was sie als Machthaberin auch sehr gut einzusetzen wusste. Aufgrund der Privatkorrespondenz mit Obersthofmeister Orsini-Rosenberg oder Hofbaumeister Silva-Tarouca ist aber auch zu erkennen, wie Maria Theresia oft litt. «Ich konnte einen bestimmten Anwalt nicht besuchen, da ich den ganzen Tag geweint habe und verzweifelt war», schrieb sie unter anderem. Der Briefkontakt mit der eigenen Mutter blieb jedoch kühl. Der Grund lag sicher darin, dass sich die Mutter kaum um die kleine Maria Theresia gekümmert hatte. Badinter findet aber auch, dass die Mutter wohl gelitten habe, weil sie selbst keinerlei Macht habe ausüben können, obwohl die Gelüste vorhanden gewesen sind. «Wenn zwei Frauen so viel Machtlust verspüren, kann keine befriedete Beziehung entstehen», schliesst die Autorin daraus.
Die Bewunderung der Maria Theresia habe nicht unbedingt ihrem Vater, sondern drei grossen Frauenfiguren aus ihrer Kindheit gegolten. Die Mutter, die Gouvernante und die Tante hätten im Mädchen wohl den Geschmack an Machtausübung geweckt. Sicher sei aber, dass Maria Theresia schon sehr früh darauf gekommen sei, Machtanspruch zu stellen. Dabei sei das Machtverständnis erstaunlicherweise trotzdem sehr feminin gewesen.