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Wenn die Tochter einmal gross ist…  Wünsche für die Schweiz der Zukunft

Wenn die Tochter einmal gross ist… Wünsche für die Schweiz der Zukunft

In der Schweiz von morgen sollen Mütter sich nicht mehr für ihr Lebensmodell rechtfertigen müssen. Dies wünschte sich die achtfache Mutter Marianne Botta zum Nationalfeiertag und für die Zukunft der Schweiz.

Ich habe eine Vision für die Schweiz, für meine Tochter: Wenn meine Tochter einmal gross sein wird. Dann werden Frauen genau gleich entlöhnt wie ihre männlichen Arbeitskollegen. Kinderkriegen stellt kein Karrierehindernis mehr dar. Auch in der Schweiz wird es einen angemessenen Mutterschaftsurlaub geben, und stillende Mütter werden nicht mehr schräg angeschaut, weil bis dann alle wissen, dass es keine gesündere Nahrung für Babys gibt. Wenn eine Frau hingegen nicht stillen will, wird auch dies verstanden, ohne dass sie sich mit «zu wenig Milch» und «Stillprobleme» rechtfertigen muss.

Kinder, die beide Elternteile im Alltag erleben dürfen

Wenn meine Tochter einmal gross sein wird, wird es viel mehr Paare geben, welche Jobsharing praktizieren, damit Kinder sowohl ihre Mama als auch ihren Papa erleben dürfen. Deshalb gibt es auch viel mehr Teilzeitstellen für Männer und sogar einen Vaterschaftsurlaub . Dann teilen sich Männer und Frauen die Hausarbeit, aber auch das Wechseln der Windeln.

Die Mütter haben bis dann längst begriffen, dass sie dazu stehen dürfen, wenn ihr Kind immer noch nicht durchschläft, noch nicht gehen oder sprechen kann und auch sonst nicht eben einfach ist, anstatt sich dem Konkurrenzkampf der ach so perfekten Mütter auszuliefern.

Wenn meine Tochter einmal gross sein wird, ist es dank vielfältigen Betreuungsoptionen einfach und gesellschaftlich voll anerkannt, als Mutter zu arbeiten. Wenn sie ihr Kind hingegen selber betreuen und daheim bleiben möchte, stellt ihr niemand die Frage: «Ah, du hast Kinder … und was arbeitest du?» Bis meine Tochter erwachsen ist, wird die Rolle einer Mutter (aber auch diejenige eines Vaters) wertgeschätzt, und natürlich stellen Kinder kein Armutsrisiko mehr dar, auch die Altersvorsorge wird durch Teilzeitstellen oder Kinderbetreuungspausen keineswegs beeinträchtigt.

Hoffnungen haben sich bislang nicht erfüllt

Wenn meine Tochter einmal gross ist, ist alles gut, das hoffte ich. Leider haben sich meine Hoffnungen (noch) nicht erfüllt, obwohl ich sie bereits bei der Geburt meiner Tochter vor über 24 Jahren hatte. Ich wollte nicht umsonst studiert haben. Ich wollte arbeiten, aber auch für mein Kind da sein. Ich wollte eine gute, aber keine perfekte Mutter sein. Ich wollte, dass der Vater meiner Kinder eine gute Beziehung zu ihnen aufbauen kann, beide Teilzeit arbeiten und Kinderbetreuung und Hausarbeit aufgeteilt werden. Später wollte ich mich nicht rechtfertigen, wenn ich erneut schwanger war oder ein Baby irgendwo unterwegs stillen musste.

Mütter können es eigentlich niemandem recht machen

«Mami, schreib auch, dass Frauen, etwa Ärztinnen, fast ein Viertel weniger verdienen als Ärzte. Und dass Mütter es eigentlich niemandem recht machen können. Arbeiten sie, werden ihre Kinder mit Verdingkindern verglichen, denen enormer Schaden zugefügt wird, arbeiten sie nicht, heisst es, der Staat habe umsonst in ihre Ausbildung investiert», sagt meine mittlerweile erwachsene Tochter, während sie mir über die Schulter schaut.

Mehr Respekt für Mütter, weniger Konkurrenz

Recht hat sie. Nichts ist besser geworden. Noch immer werden stillende Mütter aus dem Restaurant oder Einkaufszentrum verwiesen. Noch immer gibt es keinen einheitlich geregelten Urlaub für frischgebackene Väter. Noch immer finden verheiratete Frauen im gebärfähigen Alter sehr viel schlechter eine Stelle als ältere ohne Kinder und müssen sich junge Stellensuchende intime Frage rund um den Kinderwunsch gefallen lassen. Noch immer müssen sich Mütter andauernd rechtfertigen, weil sie zu viel oder zu wenig Kinder haben, diese sich nicht durchschnittlich entwickeln. Manche Dinge sind sogar noch schlimmer geworden, etwa der Druck auf junge Mütter, nach einer Geburt sofort wieder eine Top-Figur zu haben. Noch habe ich keine Enkelkinder. Vielleicht schafft es ja die Gesellschaft zumindest bis zu deren Volljährigkeit, fairer gegenüber Müttern zu sein, aber auch gegenüber kinderlosen Frauen.

Ich wünsche mir mehr Toleranz. Toleranz unter den Frauen, welche endlich jede ihrer Geschlechtsgenossinnen annehmen, wie sie ist, anstatt einander unter Druck zu setzen, zu vergleichen und zu konkurrenzieren. Toleranz von den Männern, welche sich einmal einen klitzekleinen Moment lang überlegen sollten, wie es ihnen gehen würde, wenn sie eine Frau wären – und was dringend geändert werden müsste. Dass sie sich aber auch dafür einsetzen, das Aufwachsen ihrer Kinder erleben zu dürfen. Denn bei allen Nachteilen und Schwierigkeiten ist es dennoch wunderschön, ein Kind und seine Entwicklung miterleben zu dürfen.

Quelle: Marianne Botta

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