Zwei Bundesratskandidatinnen – zwei Möglichkeiten für EINE GUTE WAHL!
Am Mittwoch wird sich zeigen, welche Bundesrätin als Nachfolgerin für Bundesrätin Simonetta Sommaruga gewählt werden wird. Ob nun Elisabeth Baume Schneider, oder Eva Herzog, die weiblichen Kandidatinnen eignen sich gut für eine Wahl und stammen beide aus kleineren, nie oder lange nicht mehr vertretene Kantonen.
Es war Daniel Jositsch, der sich vor Wochen selber ins Bundesrats-Wahlspiel eingebracht hat, der den Namen Elisabeth Baume-Schneider ins Spiel brachte. Morgen tritt sie als Kandidatin für die Nachfolge von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga an. Die einstige Regierungsrätin aus dem Jura, gewählt 2019 in den Ständerat, nach vierjähriger Pause, mit dem besten Resultat, wäre die erste Vertretung für den jüngsten Kanton der Schweiz.
Die studierte Ökonomin und Politikwissenschafterin ist 2015 aus der Kantonsregierung ausgeschieden, um die Fachhochschule für Gesundheit und Soziales zu führen. Ihr scheint es wichtig zu sein, nicht nur den Kanton und die Romandie an sich gut im Bundesrat zu vertreten, sondern viel mehr die Menschen einer Region, die weniger finanzkräftig und ländlich ist.
Ein Kampf für Gleichberechtigung, Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben sind weitere Themen, welche die Karriere der Jurassierin prägten. Ihr zweites Kind, geboren im Jahr 2000, als Elisabeth Baume-Schneider Präsidentin des Kantonsparlaments war. Und 13 Jahre lang amtete sie später als Erziehungsdirektorin des Kantons. Wäre sie nicht die Art von Frau, welche man sich eigentlich als Bundesrätin wünschte: bodenständig, intelligent und kampfbereit?
Es kann kein aktuelles Thema sein, dass sie eine weitere Vertretung der Romandie wäre, sagte sie nicht: «Meine Kandidatur geht über die Definition Romandie oder Deutschschweiz hinaus». Interviews gibt sie locker in Mundart, denn die Zweisprachigkeit wurde ihr in die Wiege gelegt. «Meine Eltern waren Deutschschweizer aus dem Berner Jura, wurden aber welsch eingeschult» und die Grosseltern sprachen immer Deutsch. Selber wuchs sie in den Freibergen auf und erlebte die Unabhängigkeit im Jahr 1979 ihres Kantons.
Man könne gut mit ihr zusammenarbeiten, bestätigt ihr jurassischer Kollege im Ständerat – und sie sei fähig, ein Zeichen für den Kanton Jura zu setzen. In der Westschweiz ist sie als «animal politique» bekannt. Auch wenn sie im Rennen gegen die Baselstädterin Eva Herzog noch immer als Aussenseiterin gilt, sind Baume-Schneiders Wahlchancen weiterhin intakt, in Hearings zeigte sie sich zweisprachig, regierungserfahren und vertraut mit der nationalen Politik.
Es sind andere Faktoren, welche für eine Wahl der Kandidatin Eva Herzog sprechen. Die Städte fühlen sich vernachlässigt und die urbane Schweiz fühlt sich untervertreten im Bundesrat. Man könne momentan nur Simonetta Sommaruga als Städterin bezeichnen – und Bern sei nicht unbedingt ein Wirtschaftsmotor, war zu hören. Je nachdem, was bei den männlichen Bundesratskandidaten der SVP geschieht, sässe niemand mehr in der Landesregierung, der die Städte vertritt. Die Baslerin Eva Herzog würde also eine Lücke füllen, wie Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter erwähnte.
Der Faktor Geld ist ein weiterer Punkt, der für die Wahl Herzog stehen würde. Kantone, die mehr in den nationalen Finanzausgleich einzahlen, als sie daraus beziehen, sind in der Minderheit. Nur Noch-Bundesrat Ueli Maurer vertritt als Zürcher einen Nettozahl-Kanton. «Im Bundesrat sollten auch Interessen der Finanzgeberkantone abgebildet sein», wird ein SVP-Vertreter in der SonntagsZeitung zitiert. «Je westlicher, desto staatsfreundlicher seien die Bürger», das brauche es nicht.
Sprachlich hat Eva Herzog mit dem Französisch kein Problem. Man befürchte mehr, dass Baume-Schneider ihre Deutschkenntnisse ausspielen und damit «hausieren gehen» könne. «Sie sprach nie mit mir Deutsch, jamais», wird SVP-Regierungsrat Christoph Neuhaus zitiert. Und die Deutsche Sprache sei im Kanton Jura nicht sonderlich beliebt., selbst nach 40 Jahren Kantonshoheit nicht. Der Kampf sei ein Anti-Deutschschweiz-Mentalitäts-Kampf gewesen, doch selbst Separatistenanführer Roland Béguelin sei nun schon länger tot. Wie traurig eigentlich, wenn man gegen eine Top-Kandidatin solche Argumente einbringen muss!
Eva Herzog hat das ebenfalls gar nicht verdient. Sie möchte im Bundesrat rasch neue Verhandlungen mit der EU aufnehmen und die Schuldenbremse lockern. «Sie stand als Regierungsrätin mit diversen Finanzaffären in Verbindung – doch nichts bleibt an ihr hängen», schreibt der Blick und listet munter das «Sündenregister» der Bundesratskandidatin auf. Die Regierungszeit verlief offensichtlich nicht immer aalglatt. Und eine «Lichtgestallt» sei Eva Herzog sicher nicht, auch wenn die NZZ ihre «Finanzkompetenz» lobe und die BZ Basel ihre Fähigkeit, Kompromisse zu schmieden.
«Unfehlbar», wer ist das schon? Doch sind die aufgezählten Kleckse im Reinheft der Eva Herzog nicht doch etwas zu gesucht, gerade vor einer möglichen Wahl? Man kann sich den Gedanken nicht verkneifen, dass für Frauen noch immer härtere Gesetze gelten und dass tiefer nach möglichen Verfehlungen und gar im Privatleben gegrübelt wird. Hatten wir das nicht früher schon?
Für das «Baudebakel um das Biozentrum der Uni Basel» im Herbst 2021, mit einer PUK-Untersuchung und dem Fazit «ungenügende Planung und ungenügende Wahrnehmung der Aufsichts- und Sorgfaltspflicht der verantwortlichen Gremien», wurde Eva Herzog getadelt. Auch die Finanzierung der Mehrkosten seien nicht korrekt erfolgt. Die «Wirren um die Messe Schweiz», des einstigen Stolzes der Handelsstadt Basel, werden Herzog ebenfalls zugeschrieben, denn sie sass im Verwaltungsrat. Die SVP und GLP forderten gar ihren Rücktritt, doch war es der Grosse Rat, welcher der MCH Group Mittel eine heftige Kapitalerhöhung sprach. Dies übrigens als Bekenntnis für eine Institution, die sich im anspruchsvollen Umfeld bewegt (Beispiel Autosalon Genf oder OLMA St. Gallen).
Aufgewachsen in den 70er Jahren und politisch geprägt in den 80er und 90er Jahren, fand Eva Herzog 1999 zur Politik und zum Thema Finanzpolitik. Sie amtete als Grossrätin in der Bildungs- und Kulturkommission und gewann 2004 gegen den Grünen Guy Morin die Wahl in den Regierungsrat von Basel-Stadt. Zusammen mit den bisherigen Barbara Schneider und Ralph Lewin bildete sie die rot-grüne Mehrheit, die bis 2020 verteidigt werden konnte. Herzog hat während 15 Jahren das Finanzdepartement geführt. «Als Exekutivmitglied habe ich gelernt, zwischen Einzelinteressen zu vermitteln und in schwierigen Ausgangslagen Lösungen und tragfähige Kompromisse zu finden», sagt sie, die glaubhaft eine nachhaltige, lösungsorientierte Politik verfolgt.
Ihre Werte hätten sich verändert, nach allem, was sie gesehen hat. «Alle Menschen sollen in Würde leben können und ein Auskommen haben, das ihnen dies erlaubt», vertritt Herzog, welche die soziale Gerechtigkeit und gegenseitigen Respekt als unumgängliches Mittel für ein friedliches Zusammenleben sieht. Als Ständerätin ist sie in einem mehrheitlich bürgerlichen Umfeld für ihre Dossierkenntnis, ihren Fleiss und ihr Arbeiten über Parteigrenzen hinaus bekannt. Sie vertritt nicht nur ihren Kanton Basel-Stadt, sondern setzt sich für Gleichstellung zwischen Geschlechtern, in Bildung und Forschung, für soziale Gerechtigkeit, eine wirksame Klimapolitik, eine offene Schweiz und gute Zusammenarbeit mit Europa ein. Herzog wäre sicher auch eine gute Wahl!