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Gedanken zum Lesen und Kritik zu Lebensgeschichten, die durch Dritte erzählt werden

Gedanken zum Lesen und Kritik zu Lebensgeschichten, die durch Dritte erzählt werden

Lebensgeschichten interessieren die Menschen. Es sind Zeugnisse anderer Zeiten, anderer Lebensformen oder Erzählungen von Menschen, die ein Mensch kaum je selber treffen kann.

 

In neuster Zeit haben Geschichten, die am Rande der Gesellschaft leben, denen Unrecht geschehen ist oder die schwere Zeiten durchstehen mussten, an Interesse gewonnen. Gerade «wahre Stories» aus dem eigenen Lebensraum oder historische Erzählungen aus aller Welt sind beliebt. Wenn wir lesen, tauchen wir nämlich in neue Welten ein, lassen uns beflügeln in unserer Fantasie oder ganz einfach unterhalten.

Die Kraft aufgezeichneter Geschichten

Lesen bringt uns zum Lachen, berührt zu Tränen, zaubert Bilder vor unser inneres Auge und begleitet uns auf Reisen durch Zeit und Raum. Lesen bleibt und ist eine der schönsten Nebensachen auf der Welt. Kein noch so guter Film kann das Gefühl des Gedankenreisens toppen, sich seine eigenen Bilder zu machen.  Bekanntheiten beschrieben das Lesen in vielfältigster Form. «Es gibt mehr Schätze in Büchern als Piratenbeute auf der Schatzinsel… und das Beste ist, du kannst den Reichtum jeden Tag deines Lebens geniessen», sagte einst Filmproduzent Walt Disney, einer der wie kein anderer die Filmwelt kannte und natürlich wusste, wovon er sprach.

«Von seinen Eltern lernt man lieben, lachen und laufen. Doch erst wenn man mit Büchern in Berührung kommt, entdeckt man, dass man Flügel hat», beschrieb die amerikanische Schauspielerin, Helen Hayes, das Gefühl des Lesens. Und der Deutsche Germanist und Philosoph, Carl Peter Fröhling, sagte: «Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn schöne Teppiche seine Böden und kostbare Tapeten und Bilder die Wände bedecken.»

«Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste», lautet ein Zitat des Dichters und Denkers, Heinrich Heine. Und Cicero, einer der bedeutendsten Redner des Römischen Reiches, stellte einen Raum ohne Bücher, einem Körper ohne Seele gleich. Als Mann war ihm das Privileg des Lesens schon zu seiner Zeit wohl bekannt. Frauen konnten jedoch noch Jahrzehnte, ja Jahrhunderte, später, höchstens im Versteckten, dem Gedankenreisen frönen.

Als Frauen endlich lesen und schreiben durften

In der Schweiz wurde etwa wurde in der Zeit von 1830 bis 1848 – und gegen den Widerstand katholischer und bäuerlicher Kreise –  die allgemeine und obligatorische Volksschule für Mädchen und Knaben eingeführt. Der Kanton Bern war im Jahr 1831 Vorreiter Schulpflicht, ihm folgte das Tessin im gleichen Jahr und im Jahr darauf der Kanton Zürich. Der Aargau stiess 1835 zur  lernenden Garde dazu und schliesslich nach und nach die ganze Schweiz.

Das erste bekannte Buch, das eine Frau schrieb ist «Revelations of Divine Love» von Julian von Norwich. Es wurde zwischen dem 14. und 15. Jahrhundert geschrieben und blieb glücklicherweise in verschiedenen Manuskripten erhalten, bis es 1670 erstmals den Weg in die Öffentlichkeit fand. Dem männlichen Namen sei dies mit Sicherheit gedankt, doch von seinem Zauber und seiner Intensität hat das Werk bis heute nichts verloren.

Schon in den Jahren 2285 bis 2250 v.Chr. waren Schriften der akkadisch-sumerischen Dichterin Enheduanna bekannt, damit müsste sie als erste Schriftstellerin der Welt genannt werden, doch war sie natürlich wenig bekannt, weil damals kaum jemand lesen konnte.

Die ungenannte Verantwortung der Dokumentierenden

Lesen kann und konnte immer schon auch gefährlich sein. Ein Autor, eine Autorin stellt umfangreiche Recherchen an, schreibt das Buch, dokumentiert bildlich und stand doch niemals auch nur in der Nähe der Schuhe der Protagonisten, über die sie oder er schreibt. Es war eine andere Zeit, ein ganz anderes Umfeld, ein anderes Denken und Leben. Man stützt sich auf Erzählungen von Zeitzeugen, welche die Geschichte aber natürlich auch nur aus ihrer eigenen Sicht sehen. Doch es muss nicht die ganze Realität sein.

So wird in hohem Masse interpretiert und die Geschichte wird zur eigenen, angenommenen, Story gemacht. Gleichzeitig wird das Werk als Zeitzeugnis taxiert. Finden sich und ihr Umfeld Betroffene in der Erzählung fehlinterpretiert, werden sie mundtot gemacht und als Spinner abgetan, selbst wenn diese nur sehr minim einen Einblick in das Endprodukt erhielten. Ihr Widerstand wird abgetan.

Ich, der Autor, die Autorin bin Schöpfer, Schöpferin des Werkes, ich habe daran gearbeitet und alles ist für mich perfekt. Gefühle, Richtigstellungen von Interpretationen haben keinen Platz. In einer Zeit, in der unterschieden werden muss, was Fake und was Wahrheit ist, trägt der Autor, die Autorin eines Werkes eine ungeahnte Verantwortung, die auch rechtlich sichergestellt werden muss, damit nicht Opfer der Geschichte benutzt und ausgenutzt werden. Es bleibt ein fahler Beigeschmack, wenn man über solche Werke begeisternde Rezessionen und Erfolgsgeschichten liest.

Quellen: Wikipedia / cfo

Bild: Julia von Norwich wird als erste Schriftstellerin erwähnt.

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