4. Internationale deutschsprachige Tagung «Frauen in der Landwirtschaft», 20. – 22. Januar 2021, Universität Bern
In der Schweiz, in Österreich, Deutschland und Südtirol gilt der bäuerliche Familienbetrieb als Basis der Landwirtschaft. Im Familienbetrieb. Wo Betrieb, Haushalt und Familie eng miteinander verknüpft sind, wird offensichtlich, wie sehr Produktions- und Reproduktionsarbeit einander bedingen und gegenseitig beeinflussen.
Daher haben wirtschaftliche Veränderungen wie Globalisierung und Marktöffnung in der Landwirtschaft einen grossen Einfluss auf die bäuerliche Familie und umgekehrt haben gesellschaftliche Veränderungen wie Individualisierung oder Emanzipation auch einen grossen Einfluss auf das Unternehmen.
Im bäuerlichen Familienbetrieb spielen die Frauen seit jeher eine bedeutende Rolle. Im Kontext des landwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturwandels übernehmen sie immer mehr und neue Aufgaben und Funktionen: Einige leiten eigene Betriebszweige, andere den ganzen Betrieb, wieder andere verwirklichen sich in ihrem bisherigen Beruf und tragen auf diese Weise zum Einkommen bei.
Diese Veränderungen haben eine grosse Dynamik in zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe gebracht und es stellen sich Fragen nach veränderten Rollenvorstellungen, Arbeitsteilung und Identität. Gleichzeitig bringen diese Veränderungen Risiken mit sich. Zusätzliche Arbeitsbelastung kann zu Überlastung mit entsprechenden Konsequenzen führen: Burnout oder Suizid treffen auch bäuerliche Familien.
Und doch fehlt vielen Frauen in der Landwirtschaft noch immer eine substantielle Anerkennung ihres Beitrags zu Unternehmen und Familie: Noch immer werden zahlreiche Bäuerinnen als «nicht erwerbstätig» betrachtet, haben keinen Lohn, keine genügende soziale Absicherung und keinen Anspruch auf eine eigenständige Altersvorsorge. Im Falle einer Ehescheidung – auch in landwirtschaftlichen Familien keine Seltenheit mehr –, im Invaliditätsfall oder im Alter hat dies teilweise gravierende Auswirkungen für die Frauen.
Neben diesen familiären Herausforderungen sehen sich Frauen [und Männer] in der Landwirtschaft auch auf anderen Ebenen Herausforderungen gegenüber: So sind die Ansprüche von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft an die Landwirtschaft teilweise widersprüchlich, etwa die Forderung nach möglichst günstigen, aber ökologisch produzierten und gesunden Nahrungsmitteln oder das Verbot von Pestiziden in der Landwirtschaft, aber nicht im urbanen Schrebergarten. Andere Ansprüche widersprechen den individuellen Bedürfnissen und Rollenvorstellungen der Bäuerinnen, Landwirtinnen und Landwirte: So steht die gesellschaftlich verlangte landschaftspflegerische Funktion der Landwirtschaft oft im Widerspruch zum bäuerlichen Selbstverständnis als ProduzentInnen von Nahrungsmitteln.
Wie gehen die Frauen in der Landwirtschaft mit diesen Herausforderungen um und wie können sie auch politische Prozesse beeinflussen und mitbestimmen?
Die Tagung richtet sich an Forscherinnen und Forscher aller Disziplinen an Universitäten, (Fach-)Hochschulen und anderen Forschungsinstitutionen, die sich mit dem Thema Frauen in der Landwirtschaft befassen, an Bäuerinnen und Landwirtinnen, an Beratungs- und Lehrpersonen der bäuerlichen Hauswirtschaft und Landwirtschaft, an Politikerinnen und Politiker sowie an weitere Interessierte.