
Anna Heller, die letzte Hexe von St. Gallen
Der Hexen-Historiker Manfred Tschaikner schrieb am 29. 11. 2001 im St. Galler Tagblatt: «In St. Gallen stand der Rat der Republik den neuen Hexenvorstellungen skeptisch gegenüber. Er wollte das neue juristisch-theologische Hexenbild zuerst nicht akzeptieren. Meine Untersuchungen zeigen, dass St. Gallen verglichen mit anderen Regionen sehr spät mit den ersten Hinrichtungen begann. Im 17. Jahrhundert fanden in St. Gallen 13 Personen als Zauberer und Hexen den Tod».
Anna Heller wird als letzte Hexe 1691 in St. Gallen verbrannt. Heute würde man sagen: Anna Heller war eine Mischung aus Sozialfall, Querulantin, Mobbingopfer. Und Manfred Tschaikner schrieb: «Das wohl tragischste Schicksal bei den St. Gallischen Zauberei- und Hexenprozessen. Nach den vorliegenden Akten musste sich kein anderes Opfer so lange und so verzweifelt gegen seine Inkriminierung zur Wehr setzen. Beinahe hätte sie auch ihre Tochter mit ins Verderben gerissen». Die Anschuldigungen zogen sich über fast 20 Jahre hin.
1691 wurde die 65jährige Anna Heller angeklagt und als letzte Hexe verbrannt. Unter Folter (schweren Stein umhängen und mit glühenden Zangen zwicken als Querulantin «kluppen», gestand sie unter anderem auch, dass sie ihren ersten Ehemann vergiftet habe. Sie war mit ihm, einem alten, groben und ungeschickten Mann verkuppelt worden, und er habe einen sehr stinkenden Atem gehabt. Nach zwei Monaten Ehe habe sie aus Herrn Kromms Apotheke arsenhaltiges Mausegift holen lassen, es in das Salzbüchslein getan und dem Mann ein Ei zubereitet. Als er nicht gleich starb, gab sie ihm noch Apfelmus mit Arsen.
Anna Heller, eine Frau auf dem Land aufgewachsen, wurde in jungen Jahren mit einem Mann verkuppelt, einem Kriegsgeschädigten, der bald nach der Hochzeit starb. Die zweite Ehe mit einem Stadtbürger dauerte zwar länger, wurde aber auch nicht glücklicher. Der Mann liess sie mit sieben Kindern allein, die Frau hungerte sich mit der Familie durch. Unterstützung erhält sie keine. Eine Anstellung als Hebamme wurde abgelehnt. Bald wurde sie wegen häufigen Bittens um Unterstützung als Querulantin betitelt und bald als Sozialfall taxiert.
Die Hinrichtung war besonders brutal. Man schlug ihr die rechte Hand ab und verband den Stummel. Dann fuhr man sie mit einem Karren zum Richtplatz, legte sie auf eine Leiter, band sie an und warf sie dann «mit aufrechtem Angesicht» auf den Scheiterhaufen.
Erfahren Sie hier noch mehr zum Thema! (St. Galler Tagblatt 2011)