Argentinien hat mit der erneuten Ablehnung der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs eine Chance verpasst
In Argentinien ist gerade eine Initiative zur Legalisierung der Schwangerschaftsabbrüche gescheitert. Während Abtreibungsgegner den Sieg feierten, waren die Befürworter fassungslos. Damit sind Schwangerschaftsabbrüche in Argentinien weiterhin ein Verbrechen.
Die einen taten mit grünen Tüchern ihre Gesinnung kund und die anderen demonstrierten mit argentinischer Nationalflagge gegen den Gesetzesentwurf. Dieser sollte eine straffreie Abtreibung bis zur 14. Schwangerschaftswoche ermöglichen – ein Unterfangen, das aus politischen Gründen bereits vorher sechs Mal gescheitert war. Auch der Einfluss der Kirche ist in Argentinien weiterhin gross.
Immerhin darf seit 1921 aber nach Vergewaltigung oder bei Lebensgefahr der Muter ein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen werden. Eine Regelung, die auch in weiteren lateinamerikanischen Ländern gilt. In l Salvador, Honduras, Haiti, Nicaragua, Surinam und der Dominikansichen Republik gilt indessen ein striktes Abtreibungsverbot. Und in Uruguay, Kuba und Mexiko Stadt liegt der freie Entscheid bei der Mutter.
Im Heimatland des Papstes war der Druck der Kirche auf den Kongress sehr gross, womit der Ausgang schon vor der Abstimmung eigentlich vorhersehbar war. Papst Franziskus selbst hatte sich schriftlich eingemischt und plädiert «das Leben zu verteidigen». Merkwürdig mutet auch an, wer die Abstimmung zur Legalisierung der Abtreibung in die Wege leitete: Mauricia Macris, ein bekennender Abtreibungsgegner. Er versprach aber, kein Veto einzulegen, sollte die Vorlage angenommen werden. Der Vorwurf der Opposition, Macri sei unglaubhaft und habe nur von innenpolitischen Problemen ablenken wollen, ist nicht von der Hand zu weisen.
Gemäss einer Studie von Amnesty International, in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Cedes, befürworten 59 Prozent der Bevölkerung die Legalisierung und mehr als zwei Drittel hielten es für wichtig, eine Lösung für das Problem zu finden, denn Abtreibungen sind weiterhin Realität. Laut Schätzungen des Gesundheitsministeriums werden jährlich zwischen 470’000 und 522’000 Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen – besonders auch von jungen Frauen.
Die feministischen Bewegungen, die seit einem guten Jahrzehnt für den legalen Schangerschaftsabbruch kämpfen, erhalten immer mehr Zuspruch, besonders auch von Abgeordneten verschiedenster politischer Parteien. Davon spricht auch das knappe Abstimmungsergebnis im Parlament: 31 : 38 Stimmen für eine Ablehnung, dies übrigens nach 16-stündiger Debatte.
Nun, Argentinien hat wiederum die Chance verpasst, ein Problem, das nun einmal existiert, zu lösen. Und so wird es vorerst in alter Manier weitergehen. Dies beinhaltet ebenfalls die vollends ungeeignete und unvollständige Sexualaufklärung in den Schulen, die besonders in stark religiösen Einrichtungen veraltet ist – und damit genau dort, wo die betroffenen Mädchen und Frauen leben.
Der Fall der 14-jährigen Chiara Pérez, die von ihrem Freund im Jahr 2015 ermordet worden war, empörte damals die ganze Welt und natürlich auch das Land Argentinien. Zehntausende gingen auf die Strasse und protestierten gegen Gewalt an Frauen und gegen den Femizid. Inzwischen ist es immer wieder zu ähnlichen Protesten gekommen. Der Aufschrei «Ni una menos» (nicht eine weniger) hat sich mit der Ablehnung einer wichtigen Forderung zur Gewalt an Frauen nun irgendwie dennoch erfüllt.
Bild: Der Aufschrei gegen Gewalt an Frauen #NiUnaMenos
Hier finden Sie einen interessanten femelle-Beitrag zum Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz!
Der Entscheid abzutreiben ist für keine Frau ein einfacher Akt. Lesen Sie dazu auch den verlinkten WOZ-Bericht!