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Bei Jägern und Sammlern sind Mann und Frau gleichgestellt – Teil II

Woher wohl kommt der Mythos, dass nur die Männer jagten, während die Frauen höchstens Beeren sammelten, das Essen zubereiteten und für den Nachwuchs sorgten? Und warum stehen Männer auch heute noch auf Blondinen? Fakt ist, dass die Frauen früher nicht in der Höhle sassen, sondern gleichberechtigt mit den Männern lebten, jagten und die Nahrung zubereiteten – und dies in unterschiedlichster «Familienkostitution», wie Ausgrabungen zeigen.

Um gleich die Kernfrage zu beantworten, warum Männer auf Blondinen stehen, hier schon zu Beginn: «Genetische Mutationen», seien dafür verantwortlich, sagt die Archäologie-Professorin Brigitte Röder. Blondinen hatten in der Steinzeit Seltenheitswert und wirkten damit exotisch und «fast schon göttlich». Die Männer rissen sich darum förmlich um die blonden Frauen, während es dunkelhaarige Frauen in grosser Zahl hatte. Männer waren gesamthaft in der Minderzahl und wählten damit die Partnerin aus, mit der sie sich fortpflanzen wollten. Und weil es so wenig Blondinen gab, waren sie schnell weg vom Markt und wurden gut gehütet und nur ungern geteilt.

Frauen redeten ebenfalls mit

«Die Frauen hatten also gar nichts zu melden, wenn es um die Partnerwahl ging?», werden Sie nun denken.  Oh doch, sie hatten ein gewisses «Mitspracherecht» der subtileren Art. Die Frau «redete insgeheim ein Wörtchen mit”, denn sie erhörte die Balzrufe, oder liess einen Mann halt einfach abblitzen, wenn er ihr nicht passte. Diesbezüglich scheint sich doch bis heute nichts geändert zu haben, oder nicht? Männer sehen sich zwar als grosse Jäger, aber die Frau ist es letztlich, die bestimmt. Nach neueren Forschungen soll es die Frau gewesen sein, die ihr Dorf verliess und sich in der Fremde einen Mann suchte.

Nun aber zur Jagd im herkömmlichen Sinn. Es gibt Anhaltspunkte, dass Männer und Frauen in der Steinzeit dieselben Aufgaben hatten. Es ging darum, Nahrung zu bekommen. Da fragte keiner, wer diese erlegt oder gesammelt hat. Frauen gingen sogar auf Grosswildjagd. Dies ist durch urzeitliche Skelette und Höhlenmalereien geschichtlich belegt. «Regelmässige körperliche Tätigkeiten hinterlassen Abnutzungsspuren. Auch Verletzungsmuster und Knochenbrüche geben Hinweise», so die Archäologin. Und dieselben Hinweise auf die Jagd seien bei Männern und bei Frauen zu finden.

Ein prestigeträchtiges Unterfangen

Die Jagd war immer ein prestigeträchtiges Unterfangen. Sie war dem Adel und später dem gehobenen Bürgertum vorbehalten. Noch heute spricht man vom «Mittler zwischen der Zivilisation und der Natur» (natürlich auch nur in männlicher Form). Nachfolgend können Sie lesen, wie «Jagd Schweiz»  ihre Aufgaben beschreibt:

Die Jagd setzt sich ein für:

– einen Ausgleich zwischen Zivilisation und Natur
– intakte Lebensräume für Mensch und Tier
– einen gesetzlichen Leistungsauftrag und Bestandregulierung
– eine haushälterische Nutzung und Wertschöpfung
– die Erhaltung einer jahrtausendealten Kultur

Es muss natürlich fairnesshalber auch gesagt werden, dass auf der Informationsseite für die Jagdprüfung in der Schweiz explizit auch die Frauen angesprochen werden, denn die Zahl der Jägerinnen nimmt stetig zu. Liegt es wohl daran, dass auf der Jagd mit Waffen handiert wird und man(n) Frauen dies immer noch weniger zutraut?

Nun, die Grosswildjagd beinhaltet noch heute die Mythen von Abenteuer und Heldentum. Und weil dies Archäologen (natürlich waren alles Männer, die sich mit der Jagd beschäftigten) erforschten, übte sie auch eine gewisse Faszination auf diese aus. Dabei war die Jagd in der Steinzeit meist unspektakulär und wird in der Vorstellung noch heute weit überbewertet. Die Steinzeitmenschen ernährten sich nicht nur von Grosswild, sondern mehrheitlich von Pflanzen und Beeren. Es wurde auch Kleinwild gejagt, das mit Schlingen oder Fallen gefangen wurde. Es wurde gefischt und es wurden Vögel gefangen.

Unspektakulär und actionarm

Dies müsse daran liegen, dass «sich pflanzliche Nahrungsresten schlechter erhalten und leichter zu übersehen sind, als die grossen Tierknochen», erklärt die Archäologie-Professorin, Brigitte Röder. Mit neuen und feineren Untersuchungsmethoden liessen sich heute aber auch Reste von Pflanzen, Fischen und Kleintieren nachweisen. Der Blick auf die Altsteinzeit habe sich dadurch geändert. «Von der Idee, dass Frauen und Kinder darauf angewiesen waren, sich von den Männern mittels actionfilmartiger Mammutjagden mit Fleisch versorgen zu lassen, dürfen wir uns getrost verabschieden», betont sie.

Und um gleich mit einem anderen Mythos aufzuräumen: Die grössere Shoppinglust der Frauen habe mit dem weiblichen Sammeltrieb der Urzeit nichts gemein. Männer hatten diesen damals ebenso. Das Geschlechterideal vom Mann, der in die feindliche Welt ziehe und Nahrung beschaffe, während die Frau die Kinder hüte und sehnsüchtig auf die Rückkehr des Ernährers warte, stammten aus dem 19. Jahrhundert und hätten mit der Wirklichkeit nichts zu tun, genauso wie die Vorstellung, dass Männchen und Weibchen mit mehr oder weniger Nachwuchs zusammenleben.

Verschiedenste Haushaltsformen

Es sei die Gesellschaft, die diese Vorstellungen immer weiter überliefere. Für die Steinzeit galten diese jedenfalls nicht. Es seien vielmehr verschiedenartigste Familien- und Haushaltsformen aus der Steinzeit bekannt: Patchworkfamilien, gleichgeschlechtliche Elternpaare mit Kindern, Wohngemeinschaften – genau wie sie heute immer mehr auftreten. Die Vorstellung von der Kernfamilie mit Vater, Mutter und Kind(ern), stammt aus dem 18. Und 19. Jahrhundert, als die Industrialisierung eine Trennung von Arbeit und Familienleben bewirkte. Menschen gingen in die Fabrik und lebten weniger in agrarischen Grossgemeinschaften. Eine Arbeitsteilung war die Folge. «Dass diese Aufteilung zwischen Mann und Frau gemacht wurde, hat nichts mit der Natur zu tun, sondern ist die Folge von kulturellen Hierarchien», so Röder.

Die Forschung stecke leider in den Kinderschuhen, doch zeigten Ausgrabungen und Grab-Beigaben, wer in wessen Nähe lag und in welcher Form jemand bestattet wurde. In einem einzigen Grab aus der Steinzeit, das in Deutschland gefunden wurde, wurde ein Elternpaar mit zwei gemeinsamen Kindern beerdigt, bestätigt wurde dies mittels DNA-Analysen. In einigen Kulturen wurden Männer und Frauen verschieden beerdigt. Oft finde man auch in Frauengräbern Waffen, natürlich neben dem Schmuck. Noch immer aber sei nicht klar, warum man dies oder jenes in die Gräber legte und ob etwas symbolischer Art war, oder ob man dachte, der/die Verstorbene könnte es auf dem weiteren Weg gebrauchen.

Hier wird über die Aufgabe der Jagd in der Schweiz berichtet (natürlich in männlicher Form und mit nur männlichen Bildern):

http://www.jagdschweiz.ch/assets/Downloads/Jagd-heute-d.pdf

Allerdings spricht die Informationsseite über die Jagdprüfung explizit Frauen und Männer an (das muss hier auch gesagt werden, denn Jägerinnen gibt es immer mehr).

http://www.jagdschweiz.ch/jagdpraxis/jaeger-werden/

Lesen Sie auch den ersten Teil!

https://www.ostschweizerinnen.ch/Frauengeschichten/frauen-jaegerinnen.php?navanchor=2110009

Die Frauen verliessen gemäss neuen Forschungen in der Steinzeit die Gegend, in der sie aufgewachsen waren, und zogen in den Haushalt eines Mannes. Er und die Söhne blieben in der Region ihrer Kindheit sesshaft. Die Frau redete also ein Wörtchen mit bei der Wahl. Es gab verschiedenste Familien- und Haushaltkonstitutionen. Blondinen waren schon damals besonders begehrt. Und bei der Nahrungsbeschaffung herrschte Gleichstellung.

Höhlenmalereien bei Chauvet mit zahlreichen Dokumente über die Beteiligung der Frauen bei der Jagd.

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