Berührende Familien- und Lebensgeschichten – The Last Swiss Holocaust Survivors
Der Holocaust darf nicht in Vergessenheit geraten .Die Erinnerung daran ist wichtiger denn je, zumal die Zeitzeugen allmählich aussterben und der Antisemitismus wieder stark zunimmt. Die Ausstellung „The Last Swiss Holocaust Survivor, im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen (HVM) gibt informative Einblicke.
Wer sind die Schweizer Holocaust Überlebenden? Die grosse Mehrheit waren zu jener Zeit keine Schweizer Bürger. Die meisten von ihnen kamen erst nach dem Zweiten Weltkrieg in die Schweiz. 2017/2018 hatte die Schweiz den Vorsitz der International Holocaust Remembrance Alliance. Die aktuelle Ausstellung gibt einigen der letzten Zeitzeuginnen und Zeitzeugen des Holocaust sowie ihren Nachkommen das Wort ,mit Fotos, Texten und Kurzfilmen.
Im Winter 1944/ 1945 machten in St. Gallen zwei Transporte mit losgekauften, beziehungsweise ausgetauschten Menschen aus dem KZ Bergen-Belsen für einige Tage Zwischenstation. Dieses Stück jüdisch-st. galler Geschichte wird vor allem im Rahmenprogramm thematisiert. Bei den Vorbereitungen zur Ausstellung „Kinder im KZ Bergen-Belsen“ rückte der Lokalbezug von St. Gallen in die Aufmerksamkeit der Beteiligten. Man entdeckte, dass im Archiv der Gedenkstätte Bergen-Belsen dazu allerlei Material liegt: Tagebücher. Postkarten, Berichte, Interviews mit Zeitzeugen, sogar Zeichnungen. Und auch in der Ostschweiz gibt es Spuren, bis hin zu fünf Gräbern. Der Historiker Peter Müller erklärt am Mittwoch, 19 Juni um 18 Uhr in HVM die Hintergründe und präsentiert Quellenmaterial aus St Gallen und Bergen-Belsen, das bisher unbekannt war. Vorgängig gibt es eine Kurzführung durch die Ausstellung.
Flucht beinhaltet immer Berührendes. Bewegend ist die Geschichte von Eva Koralnik, einer Holocaust-Überlebenden 1936 in Ungarn geboren. Vater Willi Rottenberg, Ungar, Mutter Berta Passweg,verlor durch die Verheiratung ihre Schweizer Staatszugehörigkeit . Als die Deutschen 1944 in Ungarn einmarschierten, begannen die ersten Transporte nach Auschwitz. Dank der Hilfe von Harald Feller, einem Diplomaten der Schweizerischen Botschaft in Budapest, konnten Eva , ihre Mutter und ihre kleine Schwester Vera in die Schweiz flüchten. Willi Rottenberg wurde in ein Arbeitslager gebracht und konnte die Familie erst nach dem Krieg wiedersehen.
Evas Mutter stammte aus St. Gallen. Eva verbrachte ihre Kindheit dort, studierte Übersetzung an der Universität Genf. Später zog sie nach Jerusalem, um ihr Studium an der Fakultät für Literatur der Hebräischen Universität abzuschliessen. Während des Eichmann-Prozesses, 1961, war sie als Übersetzerin im Pressesaal des Gerichtes tätig. Eva Koralnik ist mit dem Filmregisseur Pierre Koralnik verheiratet. Das Ehepaar hat eine Tochter und einen Sohn und vier Enkelkinder.
Berührend auch das Schicksal von Gabriella Bertholdi, geboren am 13. August 1944, in Bergen-Belsen. Erst im Alter von 14 Jahren erfuhr sie von ihren Eltern den Geburtsort. Anfang Dezember 1944 kam sie mit der sogenannten Kasztnergruppe in die Schweiz und am 7.Dezember nach St. Gallen. Gabriella wuchs in Bern auf, und genoss eine katholische Erziehung. Ihre Eltern waren vom Judentum zum Katholizismus übergetreten.. In den 1960er Jahr wurde Gabriella zur Drogistin ausgebildet. 1966 heiratete sie ihren Mann Rudi Bertholdi. Das Paar bekam zwei Kinder. Gabriellas jüngere Schwester Agnes lebt seit den 1970 er Jahren in Israel.
Anlässlich eines Lebensgeschichtlichen-interviews im Oktober 2010 berichtete Gabriella Bertholdi über ihre besondere Familien- und Lebensgeschichte. In diesem Zusammenhang übergab sie der Gedenkstätte Bergen-Belsen einen alten Campingkocher, den ihre Eltern im KZ Bergen-Belsen nutzten, um sie als Säugling zu versorgen.