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Blitzblank! Ausstellungen im Frauenmuseum Hittisau und im Lechmuseum in Lech am Arlberg

Blitzblank! Ausstellungen im Frauenmuseum Hittisau und im Lechmuseum in Lech am Arlberg

Ab 1. Juli 2023 ist im FMH Frauenmuseum Hittisau und im Lechmuseum die Ausstellung “Blitzblank! Vom Putzen – innen, aussen, überall” zu sehen. Sie widmet sich der Kulturtechnik des Putzens und der Geschichte der Hygiene, dem Schmutz selbst und den damit verbundenen Wertvorstellungen. Im Fokus stehen jene Menschen (meist sind es Frauen*), die ihn beseitigen und die damit verbundenen Rollenbilder.

 

Putzen ist Schwerarbeit, ist Ritual, ist gesellschaftliche Vorgabe, ist ein Ordnungssystem für ein dualistisches Denken zwischen rein und unrein, schön und hässlich, hell und dunkel, weiblich und männlich, moralisch und amoralisch, sicher und unsicher, zivilisiert und wild, inklusiv und exklusiv.

Putzen ist eine häufig ungeliebte, zeitraubende Kulturtechnik getragen von einer Ordnungssymbolik, die viele Bereiche unseres Lebens durchdringt. Wer, wann, wie und womit putzt, bedient und nährt gleichermaßen diesen von breitem Konsens getragenen Dualismus. Rollenbilder und Machtverhältnisse werden sichtbar – wie ein Großteil der unbezahlten Care-Arbeit wird auch die Haushaltsreinigung immer noch hauptsächlich von Frauen*, People of Color, Armen erledigt. Dies bildet einen zentralen Bereich der Ausstellung.

Was aber ist Schmutz? Wo kommt er her? Welche Sicht auf die Welt verbinden wir damit? Beschränkt sich das Putzen auf den Haushalt? Mit Fragen wie diesen geht die Ausstellung unterschiedlichen Aspekten des Putzens, der Reinigung und der Reinheit nach. Dabei werden Themen aus Ökonomie, Migration, Ökologie und Nachhaltigkeit, Religion und Spiritualität erörtert.

Kunst als Bohrkern

Spätestens seit der feministischen Avantgarde der 1970er Jahre setzen sich zahlreiche Künstler:innen mit Rollenbildern und Rollenzuschreibungen auseinander. Die unterschiedlichen Positionen sind gleichsam Bohrkerne, die Fragen rund um Reinigung und Reinheit um persönliche Statements, neue Sichtweisen und präzisierende Blickwinkel erweitern.

Mit Werken von VALIE EXPORT, Karin Mack, A.M. Jehle, DIE DAMEN, Melanie Greussing, Paul Hazelton, Swaantje Güntzel, Christine Lederer, Friederike Klotz, Jelena Micic´, Kateřina Šedá Swaantje Güntzel, honey & bunny (Sonja Stummerer & Martin Hablesreiter), Ona. B, Maria Stockner, Maria Walcher, Tina Van de Weyer, Daniel Spoerri u.a.

FMH Frauenmuseum Hittisau

Strukturiert nach sechs Aspekten widmet sich die Ausstellung im FMH dem Schmutz und jenen Menschen, die ihn beseitigen, den einhergehenden Rollenbildern und Machtverhältnissen, der Geschichte der Hygiene, den ökologischen Folgen einer desinfizierten und „chemifizierten“ Umwelt, dem Anspruch von Sicherheit, Ordnung und Reinheit – dies nicht zuletzt auch im rituellen Sinn.

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so schön
Warum geniessen jene, die Müll produzieren, ein höheres Ansehen als jene, die ihn beseitigen? Wer putzt? Frauen*, Arme, People of Colour? Die Situation ist prekär. Was die einen Liebe nennen, ist für die anderen harte, unterbezahlte, unbezahlte Arbeit.

so zivilisiert
Ist Sauberkeit Kultur? Wir betrachten Sauberkeit als die Zivilisierung der Natur. Ist nicht der Preis unserer Sauberkeit die Missachtung der Natur und damit unserer Umwelt? Und warum ist Goldstaub so wertvoll und Hausstaub so schmutzig?

so sicher
Sind wir außer Gefahr, wenn es gut riecht? Zu klein, zu geschmacklos, zu geruchlos, um weggeputzt zu werden? Zu viel Licht in der Nacht, bohrender Lärm an einer Autobahn, radioaktive Strahlung nach Fukushima, Viren, Bazillen und Bakterien – sie alle sind geruchlos und dennoch schmutzig.

so ordentlich
Die Geschichte der Menschheit – ein einziges Chaos? Mythen, Religion, Philosophie, Wissenschaft, Kunst – viele suchen nach Wegen, Ordnung ins Chaos zu bringen. Warum aber ordnen wir die Welt ständig in duale Paare? In richtig und falsch, in Sein und Nichtsein, in Leben und Tod, in schmutzig und sauber?

so rein
Dienen Reinheitsrituale und Tabuvorstellungen der Katharsis oder sind sie Instrument sozialer Kontrolle? Wann ist ein Mensch, wann eine Frau* rein? Und welche Form von Reinheit streben Rassist::nnen an? Privilegien sind immer eine Frage der Macht. Sexismus und Rassismus drücken sich in Gedanken, Worten und Handlungen aus.

… und die Kunst
Ein Museum ist kein Elfenbeinturm und Kunst keine Nabelschau. Ein Museum beobachtet die Gesellschaft, stellt Gedächtnisbeziehungen her, schafft Dialogräume. Die Kunst zaubert, bohrt nach, irritiert. Beide stellen Fragen nach Gleichheit und Differenz.

“Ein Blatt am Baum – Natur, ein Blatt am häuslichen Fußboden – Schmutz. Mit den Begriffen so schön, so sicher, so ordentlich, so zivilisiert, so rein und so unsichtbar wird darauf verwiesen, dass Schmutz eine von Menschen definierte Kategorie darstellt und damit hartnäckige Rollenbilder, folgenschwere gesellschaftliche Zuschreibungen und darüber hinaus nachhaltige Umweltverschmutzungen einhergehen.”

Lisa Noggler-Gürtler, Ausstellungskuratorin

Das Lechmuseum greift die oben genannten Themen auf und erweitert die Ausstellung um einen Aspekt, der gerade in einem touristischen Kontext von speziellem Interesse ist: der tourismusspezifischen Reproduktionsarbeit. Hier werden Geschichte und Gegenwart des Putzens im Tourismus aufgearbeitet und dabei vor allem die meist unsichtbar agierenden Zimmerfrauen* ins Zentrum gerückt:

so unsichtbar
Ein Ort putzt sich heraus! Für Gäste, aber nicht nur für sie, muss alles glänzen, alles perfekt organisiert sein. Unsichtbare Zauberhände? Die Arbeit von “Stubenmädchen”, Zimmerservice, Hausmeister:innen und Reinigungskräften soll möglichst unbemerkt geschehen. Menschen, die diese Arbeit tun, werden unsichtbar gemacht. Sind aber Gastlichkeit und Gemütlichkeit ohne das Unsichtbare möglich?

“Die tourismusspezifischen Reproduktionsarbeit geht einher mit ganz eigenen Aspekten und Problemen, die gerade in der ländlichen Region eine besondere Herausforderung mit sich bringt. Das saisonale Anwachsen des Ortes Lech von 1.500 Einwohnern auf bis zu 10.000 Personen stellt eine Belastung für Gesellschaft und Umwelt dar.”
– Monika Gärtner, Direktorin Lechmuseum

Einer möglichst großen Vielstimmigkeit soll vor und während der Ausstellung mit partizipatorischen Formaten wie Schulprojekten, Workshops mit der Fachwelt, Open Spaces mit der interessierten Öffentlichkeit, Erzählcafés, Zeitzeug:innen-Interviews Rechnunggetragen werden. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die Interaktionsangebote in der Ausstellung selbst.

Die Ausstellung greift insbesondere auch Aspekte der Ökologie und Nachhaltigkeit auf. Die Verantwortung gegenüber Natur und Umwelt spielt gerade beim Putzen eine große Rolle.

“Der Klimawandel erfordert einen Kulturwandel. Der menschengemachte Klimawandel und seine unmittelbaren Folgen haben besonders starke Auswirkungen auf Frauen*. Sie machen vor Ort und weltweit die Mehrheit der ökonomisch benachteiligten Menschen aus und sind hier und dort für die landwirtschaftliche Arbeit und Nahrungsmittelproduktion verantwortlich. Das erhöht ihre persönliche und wirtschaftliche Verwundbarkeit gegenüber dem Klimawandel und dessen Folgen. Aus diesem Grund ist es uns besonders wichtig, gerade mit diesem Projekt Mechanismen sichtbar zu machen und zur Diskussion zu stellen.”

Stefania Pitscheider Soraperra, Direktorin FMH und Ausstellungskuratorin

BLITZBLANK!
Vom Putzen – innen, aussen, überall

Eine Ausstellung an zwei Orten über das Putzen als Kulturtechnik
und über eine extrasaubere Welt

2. Juli 2023 bis 27. Oktober 2024
Eröffnung Lechmuseum: Freitag, 30. Juni 2023, 18 Uhr
Eröffnung Frauenmuseum Hittisau: Samstag, 1. Juli 2023, 17 Uhr

Putzen ist Schwerarbeit, ist Ritual, ist gesellschaftliche Vorgabe, ist ein Ordnungssystem für ein dualistisches Denken zwischen rein und unrein, schön und hässlich, hell und dunkel, weiblich und männlich, moralisch und amoralisch, sicher und unsicher, zivilisiert und wild, inklusiv und exklusiv.

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