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Deutsche Fussballerinnen auf dem Weg zur Gleichstellung

Deutsche Fussballerinnen auf dem Weg zur Gleichstellung

Vom strikten Verbot bis zum Tor des Monats: Fussballerinnen mussten jahrzehntelang für das Recht auf ihren Sport kämpfen. Besonders im Südwesten feierte der Frauenfussball große Erfolge. Doch der Weg zur echten Gleichstellung ist noch weit.

 

Es war ein sonniger 8. September im Jahr 1974, als der kleine TuS Wörrstadt aus Rheinland-Pfalz Geschichte schrieb. Das Team gewann 4:0 und damit überraschend die erste offizielle deutsche Frauenfussball-Meisterschaft gegen Eintracht Erle aus Gelsenkirchen.

Spielerin Bärbel Wohlleben schoss ein Tor aus 25 Metern, das prompt zum ersten weiblichen «Tor des Monats» gewählt wurde. Ein Moment, der mehr war als nur ein sportlicher Sieg – es war ein Meilenstein im Kampf um Anerkennung und Gleichstellung.

Doch hinter dieser Erfolgsgeschichte standen Jahre der Mühe und des Widerstands, angetrieben von Leidenschaft und dem Wunsch nach Anerkennung. Dieser Triumph wurde ein symbolischer Wendepunkt, doch bis zur vollständigen Gleichstellung blieb es noch ein langer Weg.

Fussballverbot für Frauen – Eine absurde Vorgeschichte

Der Sieg des TuS Wörrstadt erscheint noch erstaunlicher, betrachtet man die lange Geschichte der Unterdrückung weiblicher Fußballspielerinnen. Fussball galt seit seiner Entstehung als männliche Domäne und war innerhalb des Deutschen Fussball-Bunds (DFB) bis 1970 verboten.

Bereits 1921 hatte der englische Fußballverband Frauen ausdrücklich verboten, Fussball zu spielen, da dies angeblich «ungeeignet für Frauen» sei. Diese Haltung breitete sich global aus. In Brasilien etwa wurde Frauenfussball sogar erst 1941 offiziell verboten und erst 1979 wieder erlaubt.

Verboten und verspottet im Nachkriegsdeutschland

Nach dem Zweiten Weltkrieg blühte die Fussball-Euphorie in Deutschland neu auf – allerdings ohne Frauen. Am 30. Juli 1955 verfügte der DFB, Fussball sei für Frauen unzumutbar. Die Begründungen waren absurde Vorstellungen von verloren gegangener «weiblicher Anmut».

Dennoch spielten viele Frauen heimlich weiter und trotzten Spott und gesellschaftlichem Druck. Öffentliche Spiele fanden selten statt, und wenn doch, schwankte die mediale Berichterstattung zwischen Empörung, Spott und Sensationslust.

Porzellan statt Prämien – Symbol der Geringschätzung

Noch lange nach dem symbolträchtigen Sieg von TuS Wörrstadt war echte Gleichstellung fern. Als die deutschen Fussballerinnen 1989 ihren ersten Europameistertitel gewannen, erhielten sie anstelle finanzieller Prämien ein Kaffeeservice – ein Symbol der Geringschätzung.

Der damalige DFB-Präsident Hermann Neuberger lobte zwar den sportlichen Erfolg, merkte jedoch an jedoch, dass Spielerinnen «weiblicher» auftreten könnten. Diese Aussagen offenbarten tief verwurzelte, sexistische Rollenbilder und machten deutlich, wie weit der Weg zur tatsächlichen Gleichberechtigung noch war.

Pionierinnen und Erfolge im Südwesten

Heidi Mohr, eine der grössten Torjägerinnen im deutschen Frauenfussball, im Einsatz für die Nationalmannschaft in den 1990er-Jahren. Mit ihrem Tempo und Torriecher erzielte sie 83 Länderspieltore und wurde 1999 zur Europas Fussballerin des Jahrzehnts gewählt. 2019 starb sie mit nur 51 Jahren in ihrer Geburtsstadt Weinheim in Baden-Württemberg.

Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wurden dennoch zu bedeutenden Regionen für die Entwicklung des Frauenfussballs. Heidi Mohr aus Weinheim in der Kurpfalz, später zur europäischen Fussballerin des Jahrhunderts gekürt, gewann 1993 mit dem TuS Niederkirchen die deutsche Meisterschaft und inspirierte unzählige junge Mädchen.

In Baden erreichte der SC Klinge Seckach 1996 sogar das DFB-Pokalfinale. Diese regionalen Erfolge halfen entscheidend, Frauenfussball gesellschaftlich zu etablieren und sichtbarer zu machen.

Fakten, Zahlen und heutige Realitäten

Heute erlebt der Frauenfussball eine neue Blütezeit, doch Statistiken offenbaren weiterhin bestehende Ungleichheiten:

Laut FIFA erhielten die Siegerinnen der Frauen-WM 2019 insgesamt 4 Millionen US-Dollar, die Männer hingegen bei der WM 2018 stolze 38 Millionen US-Dollar.

Der DFB vergibt für weibliche und männliche Nationalspieler*innen noch immer unterschiedliche Prämien, obwohl andere Verbände wie Norwegen, England und die USA mittlerweile Equal Pay eingeführt haben.

In Deutschland liegt die durchschnittliche TV-Übertragungszeit für Frauenfussball weit unter dem Männerfussball, der die Sportberichterstattung dominiert.

Frauen sind in Führungspositionen im deutschen Fußball stark unterrepräsentiert: Nur rund sieben Prozent des Top-Managements sind weiblich (Quelle: Inklusion-fussball.de).

 

Quelle: Spiegel

 

Schwarzweiss-Bild: Bärbel Wohlleben, Spielführerin des TuS Wörrstadt, hält 1974 den Pokal der ersten deutsche Frauenfussball-Meisterschaft hoch. Wohlleben war eine der prägenden Figuren dieser Pionierzeit, ihr Tor im Finale wurde zum Tor des Jahres gekürt – als erstes Tor einer Frau überhaupt im deutschen Fussball.

Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft am 1. Juli 2025: Sie stehen für Tempo, Technik – und den langen Weg zur Anerkennung. Heute füllen ihre Spiele Stadien und ziehen Millionen vor die Bildschirme. Doch auch 2025 kämpfen die Spielerinnen noch um gleiche Bezahlung, Sichtbarkeit und Einfluss im Fussballgeschäft.

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