Die Schweiz ignoriert Frauenflüchtlinge
Eben beginnt in Genf die 65. CEDAW-Session, während der sich die Vertragsstaaten zum Stand der Gleichstellung zwischen Frau und Mann sowie der Beseitigung von Diskriminierungen der Frau äussern müssen. Die Anhörung der Schweiz findet am 2. November statt.
Die Situation von Frauenflüchtlingen und Frauen im Asylverfahren sind im Bericht der Schweizer Regierung kein Thema. TERRE DES FEMMES Schweiz hat daher einen alternativen Schattenbericht eingereicht. Die CEDAW-Bestimmungen verlangen von der Schweiz, dass sie die Rechte von Flüchtlingsfrauen und Frauen im Asylverfahren ernst nimmt. TERRE DES FEMMES Schweiz fordert die Schweiz dazu auf, die in ihrem Schattenbericht aufgeworfenen Fragen vor der CEDAW-Kommission zu beantworten (vgl. Alternativer Bericht Schweiz ( http://www.terre-des-femmes.ch/de/?option=com_content&view=article&id=448:2016-cedaw-schattenbericht&catid=8:d&lang=de-DE&Itemid=112 ).
Warum werden frauenspezifische Fluchtgründe nicht berücksichtigt? Zwar sind frauenspezifische Fluchtgründe in der Schweiz gesetzlich anerkannt, im Asylverfahren werden sie jedoch immer noch viel zu selten vollständig berücksichtigt. Oftmals fehlt eine geschlechtersensible Prüfung des Asylgesuchs. Es ist zudem für Gewaltbetroffene enorm schwierig, über das Erlebte zu sprechen. Werden sie von unzureichend geschultem Personal befragt, das für die oft nur angedeuteten traumatischen Erlebnisse nicht sensibilisiert ist, haben von Gewalt betroffene Frauen von Beginn an verloren. Es braucht eine umfassende geschlechtersensible Schulung der Behörden. Warum wird in Asylunterkünften keine Rücksicht auf die Bedürfnisse von Frauenflüchtlingen genommen? Es ist dringend nötig, die aktuelle Unterbringungs- und Betreuungssituation menschenwürdig zu gestalten. Zudem braucht es bindende, öffentlich einsehbare Qualitätsrichtlinien für die Betreiber der Asylunterkünfte. Viele Flüchtlingsfrauen erleben in ihrem Herkunftsland Gewalt und sind auf der Flucht sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Daher ist eine gendersensible Unterbringung und Betreuung von asylsuchenden Frauen und Mädchen sehr wichtig. So beispielsweise separate Unterkünfte für alleinstehende Frauen und Familien oder spezifische Unterstützungsprogramme. Wann gibt es endlich einen Bericht zur Situation von Frauen im Asylverfahren? Die Schweiz hat die Situation von Frauenflüchtlingen bisher nicht erfasst. Ohne eine umfassende Datenerhebung sind jedoch weder gesicherte Aussagen noch massgeschneiderte Massnahmen möglich.
Die CEDAW (Convention on the Elimination of all Forms of Discriminatin against Women) ist ein Übereinkommen zur Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung gegen Frauen. Es wurde vom Schweizer Parlament 1997 ratifiziert. Die Schweiz hat sich damit wie alle CEDAW‐Vertragsstaaten dazu verpflichtet, regelmässig einen Staatenbericht zum Umsetzungsstand der Gleichstellung vorzulegen. Neben der offiziellen Schweiz wurden die Nichtregierungsorganisationen zur Stellungnahme (Schattenbericht) eingeladen. Nach dem Hearing formuliert die CEDAW-Kommission Empfehlungen («Conclusions») an die Schweiz, zu denen sich diese äussern muss.