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Es ist besser, nicht zu weinen – über das Internieren von 1600 Kindern in Tornillo, Texas

Es ist besser, nicht zu weinen – über das Internieren von 1600 Kindern in Tornillo, Texas

«In Tornillo, Texas, schlafen in Reihen von fahlgelben Zelten um die 1600 Kinder, die gewaltsam von ihren Familien getrennt wurden, in Kojen, Mädchen und Jungen getrennt.» Mit diesem Satz beginnt ein offener Brief an «The New York Review of Books» mit mehr als 70 Unterzeichnern, zu denen bekannte Autoren wie Margaret Atwood, Paul Auster, Emmanuel Carrère, William Dalrymple, Robert Darnton, Deborah Eisenberg, Richard Ford und Alberto Manguel gehören.

 

Die Trennung von Jungen und Mädchen bezieht sich natürlich auch auf Geschwister. Die Jugendlichen zwischen 13 und 17 – im amerikanischen Original «children» – haben nur beschränkten Zugang zu einer Rechtsvertretung und können keine Schule besuchen. Sie erhalten Unterrichtsmaterialien, es wird aber nicht beachtet, was sie damit anfangen. Physisch geht es ihnen relativ gut, die Zelte sind klimatisiert, Mahlzeiten und Erholungsaktivitäten werden angeboten. Für je zwanzig Jugendliche sind drei Sozialarbeiter zuständig. Pro Woche sind zwei Telefonate mit Familienmitgliedern erlaubt.

Einige der von ihren Eltern zwangweise getrennten und hier kasernierten Jugendlichen versuchen zu fliehen oder geraten in Panik. Das für 3800 Jugendliche aufgebaute Camp hat einfache Regeln, von denen einige wegen ihrer leichten Verständlichkeit hier im Original zitiert seien: «Do not misbehave. Do not sit on the floor. Do not share your food. Do not use nicknames. Do not touch another child, even if that child is your hermanito or hermanita [jüngere Geschwister]. Also, it is best not to cry. Doing so might hurt your case.» Zur Zeit der Veröffentlichung des Briefes in der Zeitschrift der ersten Dezemberhälfte hatte die US-Regierung 13.000 Immigrantenkinder in Lagern festgesetzt, 250 «tender age children» (unter 12 Jahren) waren nicht mit ihren Eltern wieder zusammengeführt worden. Trump hatte geschworen, «to put tents up all over the place».

Der offene Brief der Schriftsteller an «The New York Review of Books» schliesst mit den Worten: «This generation will be remembered for having allowed concentration camps for children to be built in ,the land of the free and the home of the brave.’ This is happening here and now, but not in our names.» [«An diese Generation wird man sich erinnern als eine, die Konzentrationslager für Kinder im Land der Freien und der Heimat der Tapferen zu errichten ermöglicht hat.»] «The land of the free and the home of the brave» ist ein Zitat aus der US-Hymne.

Das sind deutliche Worte. Allerdings haben die Deutschen ein für allemal das Wort «Konzentrationslager» unanwendbar gemacht, weil fast jeder automatisch an Vernichtungslager wie Auschwitz denkt, wenn er es hört. Wenn man sich die Bedingungen vor allem für die Schwarzen in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg in Südstaaten-Gefängnissen wie dem «Angola» genannten Louisiana State Penitentiary auf seinem 73 Quadratkilometer großen Gelände oder im Mississippi State Penitentiary «Parchman» mit seiner Gefängnisfarm ansieht, hätte man berechtigt von «Konzentrationslagern» reden können, die in der Praxis wie die deutschen von der Legalität abgetrennt waren. Aber so traumatisierend Trumps aktuelle Kinder-Gefangenenlager sein mögen, «Konzentrationslager» sollte man sie nicht nennen, das Wort bedeutet seit Dachau etwas anderes als nur eine örtliche Konzentration von Gefangenen. Es wird ausser alten und neuen Nazis ja auch niemand etwa die Kriegsgefangenenlager der Alliierten als KZs bezeichnen.

Text: artCore Verein, www.kultur-online.net

Bild: www.heute.at

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