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Frauen wählen Frauen: In Ostschweizer Parlamenten sitzen (bisher) weniger Frauen als im Schweizer Durchschnitt

Frauen wählen Frauen: In Ostschweizer Parlamenten sitzen (bisher) weniger Frauen als im Schweizer Durchschnitt

In der Politik sind Frauen noch immer untervertreten, obwohl sie die Hälfte der Bevölkerung vertreten müssten. In der Ostschweiz sprechen die Zahlen zusätzlich Bände, denn es sitzen noch weniger Frauen in Parlamenten, als sonst irgendwo.

Frauen sind in der Schweizer Politik untervertreten. Der höchste Frauenanteil hat der Nationalrat mit rund 30 Prozent. In den Parlamenten der Ostschweiz und im Fürstentum Liechtenstein ist die Situation noch ungleicher: Dort sitzen mit rund 24,5 Prozent weniger Frauen als im nationalen Schnitt. Um die Gründe dafür zu erfahren und der Entwicklung etwas entgegenzusetzen, gab die Konferenz Chancengleichheit Ostschweiz & Liechtenstein unter Mitwirkung der Frauenzentrale St. Gallen eine Studie beim Institut für Politikwissenschaft der Uni Zürich in Auftrag. Die Ergebnisse wurden kürzlich in Sargans vorgestellt.

Ost- und Zentralschweiz hinken in Frauenförderung hinterher

Für die Untersuchung hat Studienautorin Sarah Bütikofer einerseits bestehende Daten verwendet, andererseits persönliche Gespräche mit 36 Politikerinnen geführt. So zeigte sich etwa, dass die Ostschweiz, wie auch die Zentralschweiz, die Förderung der Frauen in politischen Gremien nur zurückhaltend anging. Seit 1971, als die Frauen in der Schweiz das Stimm- und Wahlrecht erhielten, wurden in den Kantonen St. Gallen, Thurgau, beider Appenzell, Glarus und Graubünden insgesamt 46 Frauen in höhere politische Ämter gewählt. In der gleichen Zeitspanne waren es aus den besagten Kantonen 291 Männer, was einem Geschlechterverhältnis von 86 zu 14 Prozent entspricht.

«Die Grundhaltung war nicht sehr unterstützend für Frauen», sagt Bütikofer. Lange hätten die Parteien gar nicht erst versucht, Frauen für sich zu gewinnen. Seit den 1980er Jahren waren es vor allem die linken Parteien, die sich um Geschlechterparität bemühten und mittlerweile gar einen leichten Frauenüberhang ausweisen können.

Auch das Majorzsystem, das in den meisten Kantonen für die Wahl des Ständerats zum Zuge kommt, wirkte sich eher nachteilig für die Entwicklung der Frauen aus. Erst 1995 wurde mit Erika Forster (FDP, SG) erstmals eine Ständerätin aus der Ostschweiz gewählt. Bütikofer sagt: «Für dieses Amt braucht es viel Erfahrung. Es dauerte, bis Frauen dafür überhaupt aufgebaut werden konnten.»

Auch auf kommunaler Ebene waren die Frauen bis Ende der 1980er Jahre schwach vertreten. Im Verlauf der 1990er Jahre nahm ihr Anteil rasch zu, wurde dann aber deutlich abgebremst. Heute sitzt in Gemeindeexekutiven wie auch in kantonalen Regierungen rund ein Viertel Frauen.

Frauen entwickeln erst «on the Job» Lust auf mehr

Für Bütikofer waren vor allem die Gespräche aufschlussreich, die sie mit den Politikerinnen geführt hat. So gaben 70 Prozent der befragten Ostschweizerinnen an, am Familientisch politisiert worden zu sein. Knapp die Hälfte hatte zudem einen politisch aktiven Vater. «Es zeigte sich, dass Frauen nicht anders Politik machen als Männer», sagt Bütikofer. Frauen seien nicht konfliktscheuer als Männer und auch nicht per se für mehr Konsens. Allerdings gibt es einen sogenannten «ambition gap», einen Geschlechterunterschied hinsichtlich des Ehrgeizes, politisch aktiv zu werden.

Junge Männer sehen sich demnach mehr als doppelt so oft in der Politik als junge Frauen. Diese hegten zu Beginn ihrer politischen Karriere mehrheitlich keinerlei Ambitionen auf höhere Ämter. «Frauen gehen mit weniger Ehrgeiz ans Werk, interessieren sich aber genauso für Politik wie Männer», sagt Bütikofer. Oft merkten sie erst, wenn sie bereits ein Amt innehätten, dass es ihnen liege. «Dadurch werden viele Frauen gar nicht erst aufgestellt.» Parteien würden so viele stille Schafferinnen entgehen, die zwar weniger «Ellbogen» brauchten, politisch aber etwas beizutragen hätten. Bütikofer sagt: «Frauen müssten sich mehr zutrauen.»

Die Befragung hat zudem gezeigt, dass die Vereinbarkeit von politischer Karriere und Beruf viele Frauen beschäftigt. So sind vor allem Exekutivpolitikerinnen mehrheitlich kinderlos und auch bei den National- und Ständerätinnen liegt der Anteil der Mütter unter dem Schweizer Mittel. In Bezug auf Beruf und Ausbildung hätten die Frauen in den letzten Jahren viel verändert. Um ein ausgeglicheneres Gesellschaftsmodell zu erreichen, müssten auch die Männer über ihr Rollenmodell nachdenken, sagt die Studienautorin.

Text: Tagblatt

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