• Home
  • /Politik
  • /Frauenwahlen für die 50. Legislatur – Teil 1
Frauenwahlen für die 50. Legislatur – Teil 1

Frauenwahlen für die 50. Legislatur – Teil 1

Die 50. Wahlen seit Gründung des Bundesstaates sollen Frauenwahlen sein. Gewählt wird in nur wenigen Wochen. Ein paar Einblicke in spezielle Ereignisse, sind sicher interessant. Erfahren Sie, warum in 167 Jahren schon die 50. Legislatur beginnt, was es mit der Wahl des National- und Ständerates auf sich hat und wie früh schon Frauen ihre Rechte forderten.

Seit der Gründung des modernen Bundesstaates sind 167 Jahre vergangen und doch beginnt schon die 50. Legislatur. Das liegt daran, dass die ersten 28 Legislaturperioden nur drei Jahre dauerten. Erst seit 1931 sind es vier Jahre Dauer. Der Artikel 65 vom 12. September 1848 besagt: “Der Nationalrath wird auf die Dauer von drei Jahren gewählt, und es findet jeweilen Gesammterneuerung statt.” Die 24. Legislatur dauerte übrigens ausnahmsweise nur zwei Jahre (1917 bis 1919). Damals wurde vom Majorz- auf das Proporzsystem für den Nationalrat umgestellt. In der Verfassung steht heute und seit 1931: “Die Abgeordneten werden vom Volk in direkter Wahl nach dem Grundsatz des Proporzes bestimmt. Alle vier Jahre findet eine Gesamterneuerung statt.” Der Ständerat kennt übrigens keine Legislaturperioden. Er wird nach kantonalem Recht gewählt. Ursprünglich wurden die Ständeräte in den Landsgemeindekantonen Appenzell Inner- und Ausserrhoden, Glarus, Ob- und Nidwalden und Uri an der Landsgemeindeversammlung gewählt. Heute ist dies nur noch im Kanton Appenzell Innerrhoden der Fall. In Ausserrhoden ist man nach der Einführung des Frauenstimmrechts auf die Urnenwahl umgestiegen. Man fürchtete, der “Ring” könnte zu umfangreich werden, und das Auszählen der Stimmen erschweren oder gar verunmöglichen. In den übrigen 19 Kantonen waren einst die Kantonsparlamente für die Wahl der Ständeräte zuständig. Zürich und Thurgau stellten 1869 auf die Volkswahl um. 1923 hielten nur noch die Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg und St. Gallen am alten System fest. Als letzter Kanton passte im Jahr 1977 Bern das Wahlsystem auf die heutige Form an.

Vom Majorz zum Proporz

Die Umstellung auf die Proporzwahl war umstritten. Sie wirbelte zudem die Sitzordnung im Nationalrat im Jahr 1919 vollkommen durcheinander. Mit “neuen” Methoden war nun nachzuweisen, dass – und wie – sich die Sitzverteilung verändern musste, um eine gerechtere Verteilung zu haben. Minderheiten sollten besser zu Wort kommen und ebenfalls Wahlchancen erhalten. Dies war der Hauptgrund, warum vom Mehrheitswahlrecht (Majorz) auf das Verhältniswahlrecht (Proporz) umgestellt werden sollte. Mittels Simulationsberechnungen versuchte man zu eruieren, wie die neue Sitzordnung aussehen würde. Die erste Berechnung wurde bereits im Jahr 1878 durchgeführt, beschränkte sich aber auf nur 28 Wahlkreise und war darum sehr ungenau. Der Obwaldner Politiker Josef Durrer nahm ein paar Jahre später eigene Berechnungen vor, um fundierter aufzuzeigen, wie stark das Majorzsystem die Minderheiten benachteilige. Er stellte Zahlen für vier Wahlen (1881 bis 1890) zusammen. Durrers Berechnungen weckten die Minderheiten schliesslich auf. Diese begannen sich nun zu wehren. Besonders die Sozialdemokraten begannen Forderungen zu stellen und die Ungerechtigkeiten zahlenmässig genau zu beziffern. Sie kamen zum Schluss, dass ein Umstieg auf das Proporzsystem, ihnen eine bessere Vertretung und mehr Gewicht bringen würde. Aus taktischen Gründen betonten sie aber, der Freisinn würde auch beim Proporzwahlsystem kaum tangiert. Erst beim dritten Anlauf setzte sich der Proporz durch, denn auch das Statistische Büro sah vorher keinen Handlungsbedarf.

Improvisierte Wahlen

Am 4. November 1900 lehnte das Schweizervolk eine erste Proporzinitiative ab. Auch die zweite Initiative, über die am 23. Oktober 1910 abgestimmt wurde, hatte keine Chance – obwohl das Ständemehr erreicht wurde. Doch am 13. Oktober 1918 stimmten Volk und Stände der dritten Initiative über die Proporzwahl des Nationalrates mit 66,8 % Ja-Stimmen deutlich zu. Die ersten Wahlen liefen sehr improvisiert ab. Die Einsetzung der Bundesbehörden begann mit der Wahl der Bundesversammlung im Oktober 1848. Es gab damals noch kein Wahlgesetz und auch keinen einheitlichen Wahltermin. Die Tagsatzung wies die Kantone am 14. September 1848 aber an, “sofort Wahlen vorzunehmen”. Bereits am 6. November sollte die Bundesversammlung eröffnet werden. Darum drängte es zeitlich. Der Ständerat bestand aus 44 Abgeordneten der Kantone. So stand es in der Bundesverfassung von 1848. Jeder Kanton wählte zwei Abgeordnete und jeder Halbkanton einen Vertreter. Von Frauen war natürlich damals noch keine Rede. Ein Zustand, der noch über hundert Jahre dauern sollte, obwohl die Zürcherinnen im Jahr 1868, anlässlich der kantonalen Verfassungsrevision, bereits ihr Stimmrecht einforderten. Kurz darauf wurde der Schweizerische Arbeiterinnenverband gegründet. 1893 forderte dieser erstmals offiziell das Frauenstimm- und Wahlrecht. Weitere Stimmrechtsvereine entstanden in der Folge. 1909 schlossen sich alle zum Schweizerischen Verband für das Frauenstimmrecht (SVF) zusammen.

Kampf ums Frauenstimmrecht

Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) nahm 1904 das Frauenstimmrecht ins Parteiprogramm auf. Ab 1912 galt das Begehren offiziell als Kampfmittel gegen die Ausbeutung des Proletariats durch die kapitalistische Klasse. Die St. Galler SP verlangte ebenfalls im Jahr 1912 im St. Galler Grossen Rat das kantonale Frauenstimmrecht, doch natürlich ohne Erfolg. In den Kantonen Basel-Stadt, Bern, Genf, Neuenburg, Zürich und Waadt wurden zwischen 1914 und 1921 diverse Anträge für das Stimmrecht der Frauen eingereicht, die aber meist schon in den Parlamenten scheiterten. In Genf, Neuenburg, Basel Stadt, Zürich, Glarus und St. Gallen wurde zwischen 1919 und 1921 darüber abgestimmt. Alle Abstimmungen waren jedoch erfolglos.

Fortsetzung folgt!

Zentrum für Demokratie Aarau ZDA

Das Zentrum für Demokratie Aarau (ZDA) wurde im Januar 2009 in Aarau gegründet um sich in den Bereichen Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft und politische Bildung auf höchstem universitärem Niveau der Forschung und Lehre zur Demokratie in all ihren Erscheinungsformen zu widmen. Wichtige Impulse zur Gründung des ZDA gingen vom Nationalen Forschungsschwerpunkt

“Challenges to Democracy in the 21st Century”

(Website NCCR Democracy) aus.

www.zdaarau.ch

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*