Katar 2022 – Umstritten, aber auch eine Chance für die Welt
Wenn in Katar demnächst die Fussball-Weltmeisterschaft der Männer über die Bühne geht, ist dies ein Grund, über die Menschenrechte im Austragungsland nachzudenken.
1948 hatten sich die meisten Länder der Welt auf 30 Menschenrechte geeinigt, unter anderem das Recht auf Leben, jenes auf Meinungsfreiheit oder das Recht ohne Folter und Sklaverei leben zu können. Das arabische Katar unterschrieb nicht. Es konnte gar nicht, weil einige Menschenrechte im Land schon von der Kultur her missachtet werden.
Der damalige Entscheid des Weltfussballverbandes FIFA die WM in Katar durchzuführen, stiess immer wieder auf grosse Kritik, gerade der Missachtung von Menschenrechten wegen. Zudem musste viel gebaut werden, was teilweise unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen geschah. Dutzende Arbeiter auf Baustellen für die WM-Stadien und Unterkünfte verunglückten. Schliesslich musste in kürzester Frist ausreichend Infrastruktur aufgebaut und renoviert werden.
Dass die Frauenrechte in Katar missachtet werden, ist kein Geheimnis. Immer noch müssen Frauen ihre Familienoberhäupter um Erlaubnis bitten, wenn sie zum Beispiel heiraten, sich scheiden lassen, reisen oder bestimmte Berufe ergreifen möchten. Sie dürfen auch nicht einfach ihren liebsten Sport ausüben, wenn der «oberste Mann» nicht einverstanden ist.
Meist südasiatische Wanderarbeiter arbeiten im Baugewerbe für Hungerlöhne und sind Misshandlungen ausgesetzt. Hausangestellte sollen nicht nur ausgenützt werden, sondern können gar Opfer von Menschenhandel oder Prostitution werden. Homosexualität ist verboten und die Meinungsfreiheit bleibt oft ein Wunsch.
Das alles hört sich übel an, doch immerhin sind – gerade der unaufhörlichen Thematisierung solcher Ungerechtigkeiten, der WM 2022 wegen – einige Bestrebungen für Gesetzesänderungen im Gange. Es ist nicht das erste Mal, dass umstrittene Austragungsorte für grosse sportliche Wettbewerbe ausgewählt wurden, man denke etwa an Russland, China, Chile und weitere Südamerikanische Länder.
Veranstaltungen wie die WM oder Olympiade sollten selbstverständlich hinterfragt und Probleme immer wieder thematisiert werden. Falsch ist es aber sicher auch, die WM, der «Verletzung von Menschenrechten» wegen, zu boykottieren. Sportanlässe vom Ausmass einer WM – man rechnet mit einem fünf Milliarden Publikum, nur schon für die Eröffnungszeremonie – haben die Kraft, Menschen auf der ganzen Welt zu vereinen. Gerade Katar hat sich dies ganz gross auf die Fahne geschrieben.
Boykottieren wir die WM 2022, boykottieren wir ebenfalls jeden Willen für positive Veränderungen für die zukünftige Welt. Wenn man zusammen Erlebnisse teilt, kann man sich später zusammensetzen und auf freundschaftlicher Basis verhandeln, zum Beispiel auch, wenn es um Menschen- und Frauenrechte, Diversität, die Erderwärmung oder um Krieg und Frieden geht. Dies ist die wahre Chance der WM 2022 in Katar. Und darum bin ich in jedem Falle dabei!