Katherine Johnsons Formeln beschleunigten die Gleichstellung der Schwarzen und der Frauen
Sie war eine der lange Zeit unbekannten Frauen, die massgeblich an wichtigen Missionen der Nasa beteiligt waren: Katherine Johnson. Nun ist die Frau, die als Mathematik-Genie galt, im Alter von 101 Jahren gestorben.
Dass überhaupt zahlreiche Frauen am Raumfahrtprogramm der Nasa beteiligt waren, war lange Zeit weitgehend unbekannt. Erst das Buch „Hidden Figures“ und die gleichnamige Hollywoodverfilmung brachten die Geschichte von Katherine Johnson – eine Frau in der von Männern dominierten Raumfahrt-Branche und eine Schwarze in einer zutiefst rassistischen Gesellschaft – an die Öffentlichkeit.
Ein Faible für Zahlen
Katherine Johnson habe schon als Kind gerne gezählt, heisst es auf der Website der US-Raumfahrtorganisation Nasa. „Ich habe alles gezählt. Ich habe die Stufen zur Strasse gezählt, die Stufen zur Kirche hinauf, die Anzahl des Geschirrs, das ich gespült habe … Alles, was man zählen konnte, habe ich gezählt“, wird Johnson zitiert. Geboren wurde die Nasa-Legende 1918. Ihre Liebe zu den Zahlen zeigte sich schon sehr früh – und so ging es in ihrem Leben auch weiter: Johnson studierte Mathematik und wurde Lehrerin – bis sie in den 1950er Jahren zur Nasa kam.
Es war eine bewegte Zeit: Der „Sputnik“-Schock” sass den USA in den Knochen, Frauen – gerade Mütter mit Kindern – waren im Berufsleben nur selten anzutreffen und noch dazu war die Gesellschaft zu dieser Zeit äusserst rassistisch geprägt.
Menschliche Computer
Katherine Johnson war bei der Nasa Teil der so genannten „menschlichen Computer“: Hauptsächlich Frauen*, die die komplizierten Berechnungen von Flugbahnen oder Treibstoffmengen in den Zeiten vor dem Computer anstellten. Johnson berechnete bei der Nasa beispielsweise die Flugbahn für die Mission „Friendship 7“ von Alan Shepard, die ihn als ersten US-Amerikaner ins All brachte.
Beim Flug von John Glenn 1962 waren bereits die ersten Computer bei der Nasa im Einsatz – doch dem Astronauten war nicht wohl dabei, sein Leben aufs Spiel zu setzen, nachdem nur ein Computer die Daten berechnet hatte – Computer galten damals als fehleranfällig und hatten Aussetzer. Also bat Glenn die Nasa darum, dass Katherine Johnson die Daten nachrechnen solle. „Wenn sie sagt, sie sind gut, dann bin ich bereit, zu fliegen“, zitiert die Nasa Johnson auf ihrer Website, die sich an John Glenns Aussage erinnerte. Glenn umkreiste 1962 als erster Amerikaner die Erde – nachdem Johnson ihr Okay gegeben hatte.
Zu ihren grössten Leistungen in der Raumfahrt zählte Johnson nach eigenen Angaben ihre Berechnungen, die die Mondmodule der Apollo-Missionen mit den Kommandokapseln in der Mondumlaufbahn synchronisierten. Johnson war auch an der Berechnung der Flugbahn für Apollo 11 – die erste Mondlandung* – beteiligt. Und auch der improvisierte Rückflug der beinahe fatalen Mission Apollo 13 wurde von Johnson berechnet. Auch am Space Shuttle und dem Satelliten Landsat hat Johnson gearbeitet, ausserdem hat sie zahlreiche Abhandlungen zur Raumfahrt verfasst.
Eine amerikanische Heldin
1986 ging Katherine Johnson in den Ruhestand, sorgte aber 2015 – im Alter von 97 – noch einmal für Aufsehen: Der damalige US-Präsident Barack Obama zeichnete sie mit der Presidential Medal of Freedom aus, der höchsten Auszeichnung für Zivilisten in den USA. 2016 kam der Film „Hidden Figures“* in die Kinos, in dem Johnson von Taraji P. Henson verkörpert wurde. Bei der Oscar-Verleihung im Februar 2017 gewann der Film – trotz drei Nominierungen – keine der begehrten Trophäen, doch Katherine Johnson bekam dort etwas viel Wertvolleres: Standing Ovations und öffentliche Anerkennung.
Im Alter von 101 Jahren ist Katherine Johnson am 24. Februar 2020 gestorben. „Sie war eine amerikanische Heldin und ihr Vermächtnis als Pionierin wird niemals vergessen werden“, betont Nasa-Chef Jim Bridenstine in einer Mitteilung der Nasa. Ohne Johnson wären „Meilensteine“ der US-Raumfahrt nicht möglich gewesen. Sie habe auch wesentlich dazu beigetragen, dass Frauen und Schwarzen heute mehr Türen offen stünden, so Bridenstine weiter.
Bild: Mathematikerin Katherine Johnson erhält 2015 von Präsident Barack Obama die höchste zivile Auszeichnung der USA. (