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Kirchenkreise wollen einen weiblicheren Gott

Kirchenkreise wollen einen weiblicheren Gott

Pfarrerinnen aus der aus West- und Deutschschweiz stören sich am männlich geprägten Gottesbild. Sie wünschen sich, dass auch «die Gott» und «das Gott» sich etablieren.

 

Die Gender-Debatte hat himmlische Sphären erreicht. Eine weniger geschlechtsspezifische Sprache für das Wort «Gott» solle es geben, schlug der Rat der Pfarrer- und Diakonengesellschaft der Protestantischen Kirche Genf (EPG) kürzlich vor.

«Man nennt ihn Vater, Sohn und Heiliger Geist. Bildlich dargestellt hat er die Gestalt eines Mannes, vorzugsweise eines weissen und alten Mannes», zitiert die Zeitung «24 heures» aus einem internen Dokument der EPG. Werde Gott in der männlichen Form verwendet, sei Gott männlich und damit sei das Männliche Gott.

EPG-Moderatorin Laurence Mottier vermutet, dass Frauen sich in ihrem Glaubensleben nicht wiedererkennen und ihre weibliche Realität darin nicht integrieren könnten, wenn Gott nur die männliche Form habe.. EPG-Moderatorin Laurence Mottier vermutet, dass Frauen sich in ihrem Glaubensleben nicht wiedererkennen und ihre weibliche Realität darin nicht integrieren könnten, wenn Gott nur die männliche Form habe.

«Gott ist nicht nur ein Mann mit Bart»

«Wir überdenken aktuell unsere Art, über Gott zu sprechen», sagt Pfarrerin Sandrine Landeau zu 20 Minuten. Nächste Woche entscheide die EPG mit den Verantwortlichen der Liturgie, ob das Dokument veröffentlicht werde. Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz zeigt sich aufgeschlossen. «Wir verfolgen mit Interesse die Diskussionen in unserer Genfer Mitgliedskirche, die einen gesellschaftsaktuellen Ball aufnimmt», heisst es dort.

Bei Pfarrerinnen und Pfarrern rennt die EPG offene Türen ein. «Es ist grandios, dass diese Debatte nun auch die Romandie erreicht hat», sagt Gabriela Allemann, Präsidentin der Evangelischen Frauen Schweiz (EFS). Gott sei nicht nur ein Mann mit Bart – Gott habe viele Geschlechter und Formen, gehe über alles Fassbare hinaus.

Das reduzierte männliche Bild werde dem christlichen Erleben und Glauben nicht gerecht, so Allemann. Die Sprache präge zudem Vorstellungen.

«Steht ausschliesslich ‹Herr› oder ‹Vater› für Gott und verbinden wir mit Gott Macht und Kraft, gibt das unbewusst Männern im alltäglichen Leben mehr Macht.» Sie habe sich angewöhnt, Gott abwechslungsweise männlich, weiblich oder neutral darzustellen. «So wechsle ich mit den Pronomen ‹sie› und ‹er› ab oder spreche von ‹Quelle des Lebens› oder ‹göttliche Kraft›.»

Gendergerechtes Vaterunser

Auch Magdalene L. Frettlöh, Theologieprofessorin an der Universität Bern und reformierte Gastpredigerin, will das Gottesbild für die Geschlechtervielfalt öffnen. In ihrer Funktion als Lehrerin sowie in ihrer Forschung und in den Predigten praktiziere sie bewusst grammatikalische Brüche. «Ich sage: ‹die Gott›, ‹der Gott› oder ‹das Gott›.» Auch für das Vaterunser gebe es gendergerechte Lösungen wie etwa: «Vater unser, der du bist unsere Mutter.» Nur vereinzelt habe sie Kirchgängerinnen und Kirchgänger erlebt, die sich deswegen empört hätten.

Die Pfarrerinnen wünschen sich, dass sich vielfältige Gottesbilder in der breiten Bevölkerung etablieren: Die Frage, wie wir angemessen über Gott reden, brauche mehr Präsenz an Schulen, im Religionsunterricht und in der Erwachsenenbildung.

«Kunst, um der Kunst willen»

Auf politischer Ebene stösst das göttliche Gendern auf Anklang. «Ich begrüsse ein gendergerechtes Gottesbild und halte die Diskussion für wertvoll», sagt Irène Kälin, Grünen-Nationalrätin und studierte Religionswissenschaftlerin. Doch Worte alleine reichten nicht, um Gleichberechtigung zu schaffen. «Die Kirche muss auch die patriarchalen Strukturen diskutieren und hinterfragen.» Die Gleichberechtigung der Geschlechter im kirchlichen Alltag scheine ihr wichtiger als die Frage, wie das Göttliche letztlich genannt werde.

Mitte-Nationalrat Philipp Matthias Bregy hingegen spricht von «Kunst, um der Kunst willen». Gott lasse sich nicht in eine Form giessen. «Ob als alter weisser Mann, als junge dunkelhäutige Frau oder überhaupt nicht als menschliche Gestalt – jede Person ist frei, sich unter Gott vorzustellen, was sie will.» Nicht alles könne unter Gendergesichtspunkten beurteilt werden. Ansonsten nehme die Gender-Debatte immer absurdere Züge an. «Die Erde ist für mich auch nicht etwas per se Weibliches, nur weil sie einen weiblichen Artikel hat.» Viel wichtiger sei, dass die Gesellschaft Gleichberechtigung in der Realität lebe.

 

Bild: Wikipedia / Göttin 

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