Männer* leiden unter Geschlechterrollen und wünschen sich mehr Freundschaften
In einer anonymisierten Umfrage der feministischen Friedensorganisation cfd konnten sich Männer* dazu äussern, inwiefern sie sich aufgrund von Geschlecht benachteiligt fühlen. An der Umfrage beteiligten sich 30 Männer*, von denen mehr als jeder zweite angab, sich aufgrund seines Geschlechts schon unwohl gefühlt zu haben. 53% der Männer* wünschen sich mehr Zeit für Freundschaften und viele Männer* fühlen sich gesellschaftlich unter Druck gesetzt, traditionellen Männlichkeitsvorstellungen zu entsprechen. Die Umfrage wurde im Rahmen der internationalen Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen*» durchgeführt, die kürzlich endete.
An der nicht-repräsentativen Studie beteiligten sich 34 Personen, davon 30 Männer*. Ein Grossteil der Befragten (37%) befindet sich in der Altersgruppe 30 – 40 Jahre. Über die Hälfte der befragten Männer* hat sich aufgrund ihres Geschlechtes schon einmal unwohl gefühlt (57%). Folgende Männlichkeitsvorstellungen werden als belastend, da einschränkend, wahrgenommen:
– Dominanz, Verantwortung und Stärke zeigen zu müssen
– Keine Schwäche zeigen zu dürfen, Emotionslosigkeit
– Wettbewerb- und Konkurrenzverhalten
– Druck zu finanziellem Erfolg und Ernährerrolle
– Abwertung durch Andere, wenn Männlichkeitsstereotype nicht erfüllt werden
– Unterstellungen (z.B. Gewalttätigkeit oder Pädophilie, Täterrolle)
– Fehlender Körperkontakt insb. zu anderen Männern* sowie Homophobie
– Ungesunde Lebensweise und impulsives Verhalten (z.B. riskante Sportarten, Alkoholkonsum)
Druck durch Eltern, Peers und Vorgesetzte
Viele gaben an, dass sie Druck durch ihr Umfeld erfahren, Männlichkeitsvorstellungen zu entsprechen. Dazu gehören etwa Eltern, Vorgesetzte, Freunde, andere Männer*, Frauen* oder die Partnerin/der Partner. Oft wurde aber auch auf gesellschaftliche Normen und den daraus resultierenden Druck verwiesen. Viele üben zudem Druck auf sich selber aus. Bei mehr als der Hälfte aller befragten Männer* kommen Freundschaften in ihrem Leben zu kurz (53%). An zweiter Stelle steht Sexualität (47%), an dritter Kreativität (43%). Mehr Platz für Emotionen wünscht sich hingegen nur ein Mann*. Benachteiligt fühlen sich die meisten Männer* in den Bereichen Elternzeit, Militärpflicht, Sorgerecht und Kinderbetreuung.
Männer* erfahren vor allem verbale Gewalt, üben diese aber auch aus
Über die Hälfte der Männer* gab an, schon verbale oder psychische Gewalt erfahren zu haben. Weiter waren viele Männer* betroffen von körperlicher Gewalt (44%), sexueller Belästigung (27%) und Diskriminierung am Arbeitsplatz (17%). 4 von 30 Männer* haben bisher noch gar keine Form von Gewalt erlebt zu. Jeder zweite Mann* hat schon verbale Gewalt ausgeübt, etwa jeder Vierte auch körperliche und psychische Gewalt (je 27%).
Mehr Vielfalt statt toxische Männlichkeiten
Gestern endete die schweizweite Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen*». Die internationale und von UN Women und WHO unterstützte Kampagne wird seit 10 Jahren auch in der Schweiz jährlich zwischen 25. November und 10. Dezember umgesetzt. Im Fokus der diesjährigen 16 Tage stand das Thema «Männlichkeitsvorstellungen und Gewalt». In Zusammenarbeit mit über 60 Partnerorganisationen wurden zu diesem Thema Podiumsdiskussionen, Filmvorführungen, Workshops und Kundgebungen organisiert. In 8 Videos äussern sich Männer* und Frauen* aus verschiedenen Bereichen zum Zusammenhang von Männlichkeitsvorstellungen und Gewalt, so etwa ein Bodybuilder, eine Beraterin eines Frauenhauses oder eine Dragqueen. Die Kampagne forderte eine gesellschaftliche Diskussion zu Geschlechterrollen, toxischen Männlichkeitsvorstellungen sowie die bessere Anerkennung der Vielfalt von männlichen Lebensentwürfen mit dem Hashtag #mehrmännlichkeiten. 26 der 30 befragten Männer* befürworteten diese Forderung.