Mahlzeitendienste, Hausbesuche und Co. auch mit 65+ Helfenden wieder möglich
Teils mit Hilfe des Zivilschutzes hat die Altersorganisation Pro Senectute Kanton St. Gallen ihre Dienstleistungen immer aufrechterhalten. Nun können auch die rund 500 Freiwilligen über 65 der Organisation wieder Einsätze übernehmen. Pro Senectute will ausserdem eine Neudefinition der Hochrisikogruppe 65 plus.
Als „verantwortbar und richtig“, bezeichnet Thomas Diener, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Pro Senectute Kanton St. Gallen den Entscheid, Einsätze mit Freiwilligen über 65 wieder durchzuführen. Dass diese Altersgruppe beim Mahlzeitendienst mitwirkt, Hausbesuche als Haushilfe oder im Administrativen Dienst übernimmt – darauf hat die Organisation seit Ausbruch der Coronakrise verzichtet.
Freiwillige möchten in ihre Einsätze zurückkehren
Zwar konnte Pro Senectute alle Dienstleistungen auch während des „Lockdowns“ teils mit Unterstützung anderer Organisationen wie etwa dem Zivilschutz aufrechterhalten. Auf alle Einsätze, die nicht zwingend nötig waren, wurde verzichtet.
„Anfangs hatten viele ältere Menschen auch Angst, dass eine Hilfe zu ihnen zu Besuch kommt“, sagt Diener. Als der „Lockdown“ andauerte, hätten sich diese Ängste relativiert. „Die Betroffenen merkten, dass der Alltag mit nur minimaler Unterstützung zunehmend schwierig wurde.“
Zudem hätten viele der über 65-jährigen freiwilligen Mitarbeitenden der Organisation gewünscht, wieder Einsätze zu übernehmen. „Sie fühlen sich gesund und sehen nicht ein, weshalb der Dienst unmöglich sein sollte.“
Manchenorts arbeitete Pro Senectute während des „Lockdowns“ mit Stellvertretern. „Aber unsere Klientinnen und Klienten haben zum Teil eine langjährige Beziehung und möchten, dass die ihnen vertrauten Hilfen sie wieder besuchen.“
Der Einsatz ist freiwillig
Nun sollen unter individuellen Sicherheitsvorkehrungen alle Einsätze wieder erlaubt sein. „Selbstverständlich gelten weiterhin die Hygiene-Regeln und das Einhalten des Sicherheitsabstands“, so Thomas Diener. Wo dies nicht möglich ist, müssen die Mitarbeitenden von Pro Senectute eine Maske tragen. Dies kann etwa bei der Betreuung von Personen mit einer Demenz der Fall sein. „Diese verstehen die Distanz-Regel zu wenig und können sie nicht genügend einhalten.“
Bei allen Einsätzen wird individuell geprüft, ob die Sicherheitsmassnahmen möglich sind. Und die Rückkehr in den Einsatz ist freiwillig: „Sollte sich jemand trotz den Sicherheitsmassnahmen nicht genügend geschützt fühlen und die Gefahr für sich selber zu hoch einschätzen, dann ist das völlig in Ordnung“, so Diener.
Die Rückkehr aller freiwilligen Mitarbeitenden geschieht auch nicht von einem Tag auf den anderen: „Viele Einsätze müssen wieder umgeplant werden. Deshalb kommen nicht alle gleichzeitig wieder zum Zug.“
Hausbesuche auch bei den Sozialberatungen wieder möglich
Während in der Hilfe und Betreuung zu Hause oder beim Administrativen Dienst viele Freiwillige und davon zahlreiche über 65-Jährige mitwirken, arbeiten bei der Sozialberatung von Pro Senectute Festangestellte. Auch sie können seit Mitte Mai wieder Hausbesuche durchführen. Während des „Lockdowns“ waren nur telefonische Beratungen möglich. Dabei gelten für die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie für die Klientinnen und Klienten dieselben Sicherheitsvorschriften wie bei den Einsätzen der Freiwilligen.
Auch Beratungen bei den sechs Regionalstellen der Organisation sind wieder zulässig – auf Voranmeldung: „Aus Sicherheitsgründen müssen wir auf Spontanbesuche weiterhin verzichten.“ Wo die Abstandsregeln in den eigenen Räumen nicht durchführbar sind, wird Pro Senectute Plexiglasscheiben einsetzen.
Hochrisikogruppe 65 plus nicht mehr haltbar
Für Thomas Diener geht es bei der Rückkehr der zahlreichen freiwilligen Mitarbeitenden über 65 Jahre auch um etwas Grundsätzliches. „In Übereinstimmung mit den neusten Erkenntnissen sowie den aktuellsten Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit sind wir der Meinung, dass es nicht mehr haltbar ist, dass die Altersgruppe 65 plus an sich eine Hochrisikogruppe darstellt.“
Neben dem biologischen Alter seien vor allem die Vorerkrankungen entscheidend. Die Altersgruppe 65 plus weise überdies eine grosse Spannweite auf, gibt Diener zu bedenken: „Sportliche Personen, die eben erst pensioniert wurden, haben andere Voraussetzungen als Hochbetagte. Dazwischen liegen bis zu zwei Generationen.“ Unter den heutigen Voraussetzungen und dem derzeitigen Wissensstand sei es zu verstehen, „dass ein beträchtlicher, jüngerer und gesunder Teil der über 65-Jährigen die Aufforderung zu Hause zu bleiben, als Herabminderung ihrer Selbstverantwortlichkeit empfindet und sich einseitig in ihrer Freiheit zu stark eingeschränkt fühlt.»
Kurse und Veranstaltungen wieder nach den Sommerferien
Vorerst Zurückhaltung übt die Altersorganisation bei den zahlreichen Kursen und Veranstaltungen – für Seniorinnen und Senioren ein wichtiger Teil des Soziallebens. „Voraussichtlich bis nach den Sommerferien wird Pro Senectute keine Kurse veranstalten“, schreibt die Geschäftsleitung. Die Planung neuer Anlässe findet erst wieder für das zweite Semester 2020 statt. Ganz verzichtet wird weiterhin auf die internen Weiterbildungen, weil hier die erforderlichen Sicherheitsmassnahmen nicht ausreichend erfüllt werden können.