Pilgern und Ruhe finden, direkt vor der Haustüre – der Kolumbansweg

Pilgern und Ruhe finden, direkt vor der Haustüre – der Kolumbansweg

Der Kolumbansweg hat Potential, um in Europa Toleranz und den Zusammenhalt zu stärken und ist schon in Anbetracht von Brexit und der Corona-Pandemie aktueller denn je. Dafür setzt sich Deborah Girvan ein. Sie lebt in Nordirland und ist seit November 2019 Präsidentin der Europäischen Kolumbansweg –Vereinigung.

Die europäische «Via Columbani» führt von Bangor, Nordirland, dem Geburtsort Kolumbans, durch England, Frankreich, die Schweiz, quer durch die Ostschweiz, Österreich /Liechtenstein nach Bobbio, Provinz Piancenca in Italien, gesamthaft 7600 km. Bislang wurde die Via kaum wahrgenommen und noch immer gilt sie als Geheimtipp. Sie ermöglicht wunderbare Pilgererlebnisse für Kinder und Erwachsene. Das Gebiet Schweiz – Österreich – Liechtenstein bietet eine attraktive Vielfalt an Kulturellem, Natürlichem und Spirituellem, dazu gibt es viele Kirchen und Kapellen zu entdecken. Vielleicht ist Kolumban durch das Schweizer Rheintal hinauf gepilgert, vielleicht hat er aber auch den Weg durch den heutigen Vorarlberg genommen. Über Kolumbans Wanderung ist historisch kaum etwas überliefert. Einzig Tuggen, Arbon und Bregenz sind dokumentiert.

Wolfgang Sieber aus Sargans ist Präsident des Vereins IG Kolumbansweg. Ihm ist es ein grosses Anliegen, dass dieser Weg auch in der Ostschweiz bekannter wird. Wolfgang Sieber und seine Frau Françoise sind geübte Pilger. Sie kennen den Jakobsweg als Pilger, aber sind der Meinung, dass auf manchen Abschnitten in Spanien eher Volksfest-Atmosphäre statt Besinnlichkeit und Stille herrsche. Viele Pilger suchen daher eine Alternative. «Wir sehen im Kolumbansweg ein solches Angebot für erfahrene Pilger, aber auch für Menschen, die sich zum ersten Mal auf einen Pilgerweg machen wollen.

Siebers sind vernetzt mit anderen Pilgern aus der Schweiz und dem Ausland. Beim Gallus-Jubiläum vor acht Jahren marschierten vier Gruppen in einer Stafetten-Wanderung von Bangor in Nordirland nach St. Gallen. An der Schweizer Grenze haben Siebers die Stafette übernommen und nach St. Gallen getragen. Und hier beginnt nun die 11. Etappe von St. Gallen nach Rorschach. Zuerst geht es der Steinach entlang zum Ort Steinach, weiter am See nach Arbon und schliesslich nach Rorschach. Die Distanz beträgt etwa 22 Kilometer. Mit einer Dauer von rund fünfeinhalb Stunden ist die strecke eher etwas für geübte Pilger. Etwas gemütlicher kann von der Zwischenetappe Arbon aus auf einen Weg von rund 8 Kilometer bis Rorschach gestartet werden. Das schafft man in gut zwei Stunden.

Arbon geht auf die Römer zurück und hiess ursprünglich Arbor Felix (lateinisch: glücklicher Baum). Für die Wandermönche Gallus und Kolumban samt Begleitern war Arbon von grosser Bedeutung. Als sie hier ankamen trafen sie auf eine christliche Gemeinde in einer befestigten Siedlung mit der Bezeichnung Castrum. Später blieb Gallus in der Gegend, während Kolumban weiter nach Bobbio zog und dort ein Kloster gründete.

Sehenswert in Arbon ist die St. Martins Kirche, schlicht ausgestattet, Dafür kann man ihre farbenprächtigen Kirchenfenster hinter dem Altar bewundern. Das mittlere Fenster zeigt den Namensgeber der Kirche, den heiligen Martin, rechts davon ist das Gallus-Fenster und zur linken Seite das Kolumban-Fenster (aus der Sicht des Betrachters) zu sehen.

Auf dem kurzen Weg von der Kirche aus zur Gallus-Kapelle ist eine Kolumbans-Plakette angebracht. Die romanische Kapelle erinnert an den heiligen Gallus. Das Kleinod mit wertvollen religiösen Kunstwerken kann man heute nur durch ein Guckloch betrachten. Ansonsten schliesst man sich öffentlichen Führungen an. Und nicht zu vergessen sei der steinerne Fussabdruck beim Eingang der Kapelle, der auf den heiligen Gallus hinweist.

Auf der Schlussetappe in Richtung Rorschach, zuerst am See entlang präsentiert sich bei schönem Wetter ein wunderbares Panorama bis Tübach. Dann geht es der Strasse entlang bis Goldach, das allerdings rechts liegen gelassen werden kann. Dafür gibt es wieder einen Seeweg bis Rorschach, wo wir das Etappenziel erreicht wird.

Die Geschichte Rorschachs geht auf die Alemannen zurück die, nachdem sie die Römer besiegt hatten, zahlreiche Siedlungen um den Bodensee gründeten. Sehenswürdigkeiten in Rorschach: Die Kolumban-Kirche, der Jakobsbrunnen und das Kornhaus mit seiner Erlebniswelt. Dort, wo heute der Jakobsbrunnen steht, gab es früher die Jakobskapelle, eine Raststätte für Pilger. Rorschach war um das Jahr 1000 Durchgangsort für Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela und nach Einsiedeln. 1833 wurde die Kapelle abgebrochen und zur Erinnerung der Jakobsbrunnen errichtet.

Folgen Sie der Wegstrecke, steht nun die  Kolumban-Kirche vor Ihnen und bietet einen wirklich majestätischen Schlusspunkt der 11. Etappe.

Die Geschichte der Kirche geht etwa bis um das Jahre 820 zurück. Im Jahr 1438 musste die Kirche einem Neubau weichen, der dann immer wieder erweitert wurde. 1970 erfolgte eine Aussenrestauration. Den heutigen Glanz verdankt sie einer Innenrestaurierung in den Jahren 1992 bis 1994. Das prachtvolle Kirchengewölbe, die reich verzierten Seitenaltäre und der schöne Hauptaltar bieten alles, was man sich in einer schmuckvollen Kirche eben vorstellt. «Die Kolumbans-Kirche kommt mir vor, wie die kleinste Schwester der St-Galler Kathedrale», schwärmt eine Rorschacherin.

Jahrhunderte lang befand sich direkt bei der Kolumbans-Kirche der Rorschacher Stadtfriedhof. 1912 wurde er aufgelöst, weil er für die boomende Industriestadt zu klein geworden war. Als Ersatz wurde der Zentralfriedhof in Rorschacherberg eröffnet. Das Friedhofsgelände wurde zu einer Art Park. Im Jahr 2000 gestalteten es der Landschaftsarchitekt Martin Klauser und die Künstlerin Ingrid Tekenbroek zu einer Oase der Stille.

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