Räder, Rennen und Ruhm
Dem Radsport der Schweiz mit all seinen Facetten, ob auf der Strasse oder in der Halle, querfeldein, durch hügeliges Gebiet oder durch Schlamm… Diesem Thema widmet das Landesmuseum Zürich die aktuelle Ausstellung «Räder, Rennen, Ruhm», die bis zum 16. Oktober 2022 zu sehen ist.
Vor 200 Jahren erfand Karl Freiherr von Drais das Fahrrad. Und danach wurde der Radsport geboren. Das Ur-Fahrrad von damals war zuerst eine sogenannte Laufmaschine mit Namen Draisine. Die rund 150 –jährige Geschichte des Radsports ist voller schillernden Figuren, menschlicher Leistungen und unterhaltsamer Anekdoten, aber auch voller Skandale und Tragödien. Fotografien erzählen Geschichten von Bergpreisen, gekonnter und unfreiwilliger Veloakrobatik, von Hallen- und Strassenduellen und vom guten alten Militärvelo.
Das K-und-K-Duell
Eine Paradedisziplin des Radsports in der Schweiz ist die Tour de Suisse. Die 1950er-Jahre gelten als ihr goldenes Zeitalter. Zu jener Zeit waren Hugo Koblet und Ferdinand Kübler, die noch heute in den Köpfen vieler Schweizerinnen und Schweizer positiv verankert sind, die «Helden der Landstrasse». «Die Duelle der beiden Radfahrer sind legendär und wurden von Publikum und Medien dankbar aufgenommen.
Koblet und Kübler stammten aus einfachen Verhältnissen. Küblers Stil, geprägt von Kampf und Willen, sprach vor allem die Arbeiter an. Koblet war leicht und elegant unterwegs. Der Lebemann und «Pédaleur de Charme» war die Antithese des «Chrampfers» Kübler. Gegenseitig trieben sie sich zu immer grösseren Erfolgen an.
Nach den Rücktritten von Kübler 1957 und Koblet 1958 verliefen die Lebensgeschichten der ehemaligen Konkurrenten sehr unterschiedlich; aus der Rivalität war mittlerweile Freundschaft geworden. Ferdy Kübler starb im hohen Alter von 97 Jahren am 29. Dezember 2016, während Hugo Koblet im Alter von 39 Jahren, 1964 nach einem Autounfall das Leben verlor.
Fast schon legendär
Auf Grund des guten Rufs, der grossen körperlichen Leistungsfähigkeit und ihres Korpsgeistes galten die Radfahrer-Einheiten der Schweizer Armee als Elitetruppe. Diese Radfahrertruppen waren mit den Armeevelos während über 100 Jahren in der ganzen Schweiz unterwegs. In dieser Zeit waren die Radfahrer aus der Schweizer Armee nicht wegzudenken. Sie waren schnell und konnten – wenn nötig – bei unwegsamem Gelände ihr Rad buckeln. Sie waren lautlos, bei Nacht fast unsichtbar und brauchten erst noch keinen Sprit.
In den Anfangszeiten der Radfahrertruppe mussten die Soldaten noch ihr eigenes Fahrrad für den Dienst mitbringen. Zuerst waren dies auch noch die sogenannten Hochräder. 1905 wurde das erste offizielle Militärvelo mit dem Namen Ordonanzfahrrad 05 abgegeben. Dieses Fahrrad war über die nächsten 90 Jahre im Einsatz, der einfache und robuste Bau überzeugte. Erst in den 1990er-Jahren kam ein neues Modell mit mehr Gängen zum Einsatz. Und mit der Armee XXI wurde 2003 die Radfahrertruppe aufgelöst.
Wetterleuchten am Radfahrer-Firmament
Seit den 1950er-Jahren gibt es offizielle Frauenradrennen. Die erste «Tour de Suisse Women» startete aber erst 2021 und stiess auf reges Interesse. Die zweite Ausgabe, diesmal mit vier Etappen, ging vom 18. bis 21 Juni 2022 über die Bühne. Sie erhielt, dank der St. Gallerin, Jolanda Neff, sogar olympischen Glanz. Sie brachte von den Olympischen Spielen in Tokio eine Goldmedaille im Mountainbike-Cross-Country mit nach Hause. Die «Tour des Suisse Women» dauert neu vier, statt wie vorher nur zwei Tage, und soll in den kommenden Jahren sogar weiter ausgebaut werden. Allerdings steht die langfristige Finanzierung auf wackeligen Beinen. Jolanda Neff erreichte im Juni 2022 übrigens den fünften Platz.