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Ruanda wird als «das Land der Frauen» betitelt, doch Frauen müssen weiterhin kämpfen

Ruanda wird als «das Land der Frauen» betitelt, doch Frauen müssen weiterhin kämpfen

Ruanda ist ein Land, in dem Frauen die Häuser bauen oder die Strassen planieren, ein Land der Pilotinnen, der Parlamentarierinnen und der Unternehmerinnen. Es gibt übrigens doppelt so viele Parlamentarierinnen wie in der Schweiz. Die Emanzipationsgeschichte dieses afrikanischen Landes ist einzigartig auf der Welt – und dennoch bleibt noch viel für die Frauen zu tun und geschieht Unrecht und Ausgrenzung hinter verschlossenen Türen.

«Was Männer können, das können wir auch», lautet das Lebensmotto der ruandischen Frauen. Im Parlament in Kigali sind denn 64 % der Amtstragenden weiblich. Dies alleine bedeutet ein Weltrekord. Frauen finden sich aber auch in der Werbung, zum Beispiel Joan Mazimhaka, die Gründerin der Kommunikationsagentur Illume. Und Frauen heben ab, wie Esther Mbabazi, die erste Pilotin des Landes.

Rosette Chantal Rugamba bringt die Schönheiten des Landes Ruanda als Tourismusdirektorin an Mann und Frau. Lilian Mpende ist oberste Stadtplanerin der Hauptstadt Kigali. Das «Forum for Africa» setzt sich für die schulische Bildung von Frauen ein. Und Mukasarasi Godeliève amtet als Gründerin der Sevota, einer Organisation, die sich um Witwen des Genozids sorgt.

Louise Mushikiwabo zählt zu den Vorzeigefrauen Ruandas. Als Aussenministerin vertritt sie die Interessen des ostafrikanischen Kleinstaates in der Welt. Die enge Vertraute des amtierenden Präsidenten, Paul Kagame, wurde oft als potenzielle Nachfolgerin gehandelt. Speziell ist bestimmt, dass der Impuls, Frauen zu fördern, von der Regierung kommt, nicht etwa von Entwicklungsorganisationen oder ähnlich. Was steckt wohl hinter dem Gedanken?

Ruandas Frauen sind stark und stolz. Sie haben den Genozid überlebt und sind dadurch zum Grundpfeiler der Gesellschaft geworden. Antoinette Uwimana, Direktorin einer NGO in Ruanda, erklärt es so: «Hilfe bekamen sie von den Behörden und von Organisationen wie der unserigen, die Frauen helfen, ihre Leben und Familien wiederaufzubauen». Ruandas Frauen haben also die Gräueltaten überlebt und sind dennoch nicht zerbrochen daran. Man erinnere sich, dass rund eine halbe Million Frauen während des Genozids vergewaltigt wurden.

Oft wurden die ganzen Familien der Überlebenden ausgelöscht, oder sie starben nach dem Krieg an Hunger. Ausländische Organisationen wie «Women for Women International» halfen zuerst. Sie halfen beim Aufbau der Kleinunternehmen, bildeten die Frauen aus. Wie nachhaltig die Emanzipation der Frauen in Ruanda ist, muss weiter beobachtet werden. Es gebe keinen Grund, euphorisch zu sein, findet Astérie Mukarwebeya, die Mitglied einer NGO ist, die sich für Demokratie und Frieden in Afrika einsetzt. Sie nimmt an, dass die Frauenförderung nicht bloss aus lauteren Motiven geschieht.

«Es könnte auch eine Charmeoffensive zur Gewinnung internationaler Geldgeber sein», sagt sie. Weltweit sei man nämlich begeistert von der frauenfreundlichen Politik des Landes. Selbst die Politikerinnen, besetzten ihre Sitze aber oft nur unter dem Deckmantel eines Präsidenten, der sich ihretwegen eine bequeme Mehrheit sichern könne. Mukarwebeya fügt dazu an, dass in Ruanda noch immer die meisten Mädchen keine Schule besuchten, dass Lehrerinnen und Krankenschwestern schlecht bezahlt würden, dass Hausangestellte, Bäuerinnen oder Schneiderinnen von ihrem Einkommen kaum leben könnten.

«Besonders frappant ist der enorme Unterschied zwischen den Errungenschaften in Bezug auf ihre gesellschaftliche Stellung und der Unterdrückung, unter der viele Frauen noch immer leiden», verrät eine politische Aktivistin und fügt an, dass bei den Frauen der wirtschaftliche und soziale Aufschwung auf extreme Armut pralle und die Gewalt gegenüber Frauen noch immer weit verbreitet sei.

Die Zustände in Frauengefängnissen seien zudem katastrophal und der Rechtsstaat sei weiterhin brüchig. Davon weiss auch Diane Shima Rwigara zu berichten, die eine eigene politische Bewegung gründete und kurz vor der Präsidentschaftswahl augeschlossen wurde. Ingabire Victoire, die 2013 gegen den amtierenden Präsidenten antrat wurde wegen «Leugnung» zu 15 Jahren Haft verurteilt und damit ausgeschaltet.

Bild Wikipedia: Die sechzigjährige Politikerin Louise Mushikiwabo lebte zahlreiche Jahre im Ausland, bevor sie in ihr Heimatland zurückkehrte.

Von 1884 bis 1916 deutsche Kolonie, danach belgisches Mandatsgebiet, wurde Ruanda 1962 unabhängig. In die weltweiten Schlagzeilen geriet das «Land der tausend Hügel» besonders in den neunziger Jahren, als die Spannungen zwischen den Tutsi und den Hutu in einen Völkermord gipfelten. Seit dem Jahr 2000 wird Ruanda von Präsident Paul Kagame geführt. Er stand seines Stils wegen bereits öfters in der Kritik, hat aber andernfalls dem Land einen bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufschwung beschert.

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