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Selbstbewusst und feministisch – drei Afghaninnen produzieren ein Frauenmagazin

Selbstbewusst und feministisch – drei Afghaninnen produzieren ein Frauenmagazin

Drei Freundinnen schreiben in Afghanistan Geschichte. Sie sind zu Feministinnen geworden und stellten das erste Hochglanzmagazin für Frauen auf die Beine. Wie ihre Themen bei einem Grossteil der Afghaninnen und Afghanen ankommen, interessiert sie wenig. Ihr Kampf aber ist nicht leicht.

Afghanistan ist konservativ und muslimisch. Doch gerade in diesem Umfeld haben sich drei Frauen zu Feministinnen entwickelt. Sie fanden, was man in den letzten 15 Jahren über afghanische Frauen gelesen habe, seien Geschichten über Mädchen, die das Haus nicht verlassen dürfen und jung heiraten müssen. Oft werden Frauen im Sinne des Brauches «Bad dadan» (fürs Schlechte geben) abgegeben, damit Konflikte zwischen Familien gelöst werden und wieder Friede herrscht. Die Betroffenen werden aber gar nicht gefragt, ob ihnen das gefällt.

Das Magazin «Gellarah» (sehr schöne Frau) soll das Image der afghanischen Frau im Land und auch im Ausland verändern. Die 23-jährige Chefredaktorin, Fatana Hassansada, realisiert das Magazin, das durchaus auch mal etwas nackte Haut zeigt, zusammen mit zwei Freundinnen und ehrenamtlichen Helferinnen. Um Brustkrebsvorsorge geht es im ersten Heft. Es wird dabei erklärt, wie sich eine Frau selber untersucht – und dass sie dies tun darf, ohne gleich als lose zu wirken. «Gellarah» berichtet aber auch über afghanische Mode, Kosmetik und die Pille. Was für Europäerinnen so einfach klingt, ist für ein Land wie Afghanistan ein grosser Schritt. Eine Frau in engen Jeans, die selbstbewusst ihre unbedeckte Haarpracht zeigt, ziert das Titelblatt des ersten Magazines.

«Frauen sollen sich selber entscheiden dürfen, ob sie das Kopftuch tragen wollen», finden die Macherinnen des Magazins. Man möchte auch Tabus thematisieren. Geplant seien darum Artikel über die Periode, die in Afghanistan als Krankheit gilt, oder zur Abtreibung, was heikel im konservativen Land ist. Auch die Dating-App Tinder, ist im Index vertreten, die unverbindliche Leute für Sex zusammenbringt. Die App sei ein Mittel, um Selbstvertrauen zu entwickeln und Freunde zu haben, finden die Verantwortlichen des Magazins, das aus einem Lesezirkel heraus entstanden ist.

Wer Simone de Beauvoir, Virginia Woolf oder Oriana Falaci liest, wird wohl mit der Zeit zur Feministin. Indirekt sind Hassansada und ihre Freundinnen aber das Resultat von 15 Jahren Frauenförderung im Land. Vieles lief dabei schief, blieb klischeehaft oder brachte nicht die Art von Resultaten, die man sich versprach. Wo die Taliban das Sagen haben und der Krieg tobt, geben Journalistinnen ihren Job auf, machen Frauenmärkte dicht und haben Frauen kaum Rechte. Steinigungen von Mädchen für «unmoralisches Benehmen» nehmen wieder zu.

In den urbanen Zentren aber dürfen Zehntausende von Mädchen zur Schule gehen und besuchen sogar die Universität. Sie lernen Welten jenseits des Heims kennen. Der Fortschritt entwickelt sich manchmal auch so, dass Frauen wie Hassansada sich wagen, etwas Unkonventionelles auszuprobieren – zum Beispiel die Gründung eines Magazines. Es ist nicht sicher, wie lange es gut gehen wird, denn existenzielle Fragen, wie das Einkommen der möglichen Leserinnen, entscheiden letztlich, ob ein Magazin mit 1,40 Franken Kosten gekauft werden kann.

Jedenfalls 500 Exemplare haben die Macherinnen schon verkauft. Und man konnte ein paar Anzeigenkunden gewinnen, die aber die Kosten nicht zu decken vermögen. Die Macherinnen aber gehen selber herum und verkaufen das Magazin direkt, denn Zeitungsstände gibt es in Afghanistan keine. Sie möchten besonders an jene Frauen herankommen, die von der Aussenwelt abgeschieden sind und weder Handy noch Computer haben. Dafür gehen sie von Tür zu Tür und suchen dabei das Gespräch.

Bild: Das afghanische Frauenmagazin ist frisch und frech / Text: Sarah Forrer/cfo

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