Sophie Taeuber-Arp 1889-1943 – ein Multitalent

Sophie Taeuber-Arp 1889-1943 – ein Multitalent

Sie ist eine Ausnahmeerscheinung in der Kunst- und Kulturszene, die in Davos geborene Sophie Taeuber-Arp. Wie kaum eine zweite kombinierte sie Kunst mit Kunsthandwerk und Geschäftssinn mit Fantasie. Sie war Schneiderin, Architektin, Modedesignerin, Zeichnerin Plastikerin, Tänzerin und Lehrerin. Und, vor genau 20 Jahren, im Oktober 1995 wurde sie als erste Frau auf der 50-Franken-Note abgebildet. Im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen im Rahmen der aktuellen Ausstellung über den Ersten Weltkrieg “Im Atemzug der Zeit – St. Gallen 1913 bis 1918” ist Sophie Taeuber-Arps Marionette “Die Wache” zu sehen.

Auf der 50-Franken-Note haben alle Schweizerinnen und Schweizer Sophie Taeuber-Arp, bewusst oder unbewusst, gesehen. Aber ob auch alle die herausragende, multitalentierte Künstlerin und Pionierin der Konstruktiven und Konkreten Kunst des 20. Jahrhunderts wahrgenommen haben, das steht wohl auf einem anderen Blatt.

Aus ihrem Leben

Sophie Taeuber wurde in Davos-Platz als fünftes Kind des aus Preussen stammenden Apothekers Emil Taeuber und seiner Frau Sophie Taeuber-Krüsi aus Gais als Deutsche geboren. Ihr Vater starb an Tuberkulose, als die Tochter zwei Jahre alt war. Die Mutter nahm für sich und die Tochter die Schweizer Staatsangehörigkeit an und zog mit ihr nach Trogen, wo sie in der von der Mutter eröffneten und betriebenen “Pension Taeuber” aufwuchs.

Von 1906 bis 1910 besuchte sie die Textilabteilung der Kunstgewerbeschule St. Gallen, die wohl damals Zeichnungsschule für Industrie und Gewerbe hiess. Anschliessend bis 1914 belegte sie Kunst und Gestaltung an der Debschitz-Schule in München und in Hamburg. 1914 zog sie nach Zürich, wo sie ab Mai 1916 die Textilklasse der Zürcher Kunstgewebeschule leitete. Bis 1929 arbeitete sie dort weiter und sorgte 12 Jahre lang für ihren Lebensunterhalt und den ihres Mannes Hans Arp, den sie 1922 heiratete.

Ihr letztes Neujahrsfest 1942/43 verbrachte sie im Haus Max Bills in Zürich-Höngg. Sie starb in der Nacht zum 13. Januar 1943 an Kohlenmonoxidvergiftung durch falsch gehandhabten Ofen.

Ausdruckstanz

1915 begann Sophie Taeuber eine Tanzausbildung bei Rudolf von Laban und dessen Assistentin Mary Wigman in Zürich. Mehrere Sommer tanzte sie mit der Laban-Gruppe bei der Künstlerkolonie auf dem Monte Verità oberhalb von Ascona. Oft trat sie auch als Tänzerin im Rahmen von DADA im Cabaret Voltaire in Zürich auf. Sie war Mitunterzeichnerin des “Dadaistischen Manifests”. 1918 entstand auch der erste ihrer berühmten “Dada Köpfe”.

“Die Wache”

1918 fand in Zürich die Ausstellung des Schweizerischen Werkbundes statt. Sophie Taeuber bekam den Auftrag, das dadaistische Stück “König Hirsch” nach einem Märchen von Carlo Gozzi zu inszenieren und auszustatten Über die Uraufführung am 11. September 1918 schwieg die Zürcher Tagespresse. Das Stück verschwand vom Spielplan. Die zweite Aufführung fand erst 1965 im Figurentheater in St. Gallen statt, und zwar mit sehr schönem Erfolg, wie sich Hans Hiller erinnert.

Die Marionette “Die Wache”, die derzeit im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen ausgestellt ist, zählt zu den eindrücklichsten Figuren dieses Stücks, inspiriert von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs. Die auf geometrische Formen reduzierte Figur wirkt wie eine anonyme, gesichtslose “Kampfmaschine”, die mit ihren vielen Armen gleichzeitig mehrere Stichwaffen einsetzen kann (Leihgabe Museum für Gestaltung Zürich, Kunstgewerbesammlung).

Übrigens, 2014 fand im Kunsthaus Aarau die Sophie Taeuber-Arp Ausstellung “Heute ist Morgen” statt.

Die Marionette "Die Wache" - zur Zeit in St. Gallen ausgestellt

Ein Konvolut von Briefen verändert die Rezeption einer Künstlerin

Der Regierungsrat von Appenzell Ausserrhoden beschloss am 24. März 2015, einen Druckkostenbeitrag von CFH 10’000 für die Publikation “Briefedition Sophie Taeuber-Arp” zu leisten. “Mit dem durch die Zentralbibliothek Zürich erfolgten Ankauf von 445 bislang unveröffentlichten Briefen und Ansichtskarten aus dem Familienbesitz hat sich die Quellenlage zur Schweizer Pionierin der konkreten Kunst grundlegend verändert. Die Korrespondenz ist an die Schwester Erika Schlegel und an den Partner Hans Arp adressiert.. Sie erstreckt sich über die gesamte Lebenszeit der Künstlerin und liest sich wie eine Autobiographie in Fragmenten. Damit wird sich die Rezeption von Sophie Taeuber-Arp, die sich bisher fast ausschliesslich auf Erinnerungen von Hans Arp und seiner Weggefährten bezogen hat, entscheidend wandeln. Sigrid Schade, Medea Hoch und Walburga Krupp, drei ausgewiesene Kennerinnen des Werks der Künstlerin, haben sich zum Ziel gesetzt, das Konvolut mit kritischen Kommentaren und kontextualisierten Essays zugänglich zu machen. Geplant ist die vollständige chronologische Edition aller Briefe in einer dreibändigen kritischen Leseausgabe. Geplante Fertigstellung Herbst 2016.

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