Streiks und Massenproteste gegen das Rentenalter 64 in Frankreich
Seit Wochen wird in Frankreich immer wieder gestreikt. Dies als Protest gegen eine Rentenerhöhung von 62 auf 64 Jahre. Besonders die Frauen fürchten Benachteiligungen.
Frankreich ist im «Ausnahmezustand». Das Wirtschaftsleben ist gelähmt, Züge verkehren nicht, Schulen und Verwaltungen werden bestreikt und gar Rathäuser wurden geschlossen. Man spricht von einer Million Demonstrant:innen in ganz Frankreich. Gewerkschaften und Linksparteien kritisieren die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron als «ungerecht und asozial». Und obwohl die Mindestrente von 960 auf 1200 Euro erhöht werden soll, spricht man von generellen Einschränkungen für schlechter Verdienende, die meistens schon sehr früh in das Arbeitsleben starteten und Frauen mit zerstückelten Karrieren. Sie erreichen in den meisten Fällen die verlangte Beitragsdauer von 43 Jahren nicht.
Es sind also vorwiegend die Frauen, welche effektiv zwei Jahre länger arbeiten müssen, während die Männer nur eineinhalb Jahre länger arbeitstätig sind, um in den Genuss einer Vollrente zu kommen. Man beschütze die Frauen extra, jene die nicht regelmässig in die Kasse eingezahlt hätten oder schon früh arbeiteten oder in Frühpension mit kleiner Pension gingen, will die Regierung die Wählerschaft überzeugen.
Und weil selbst Macrons Parlamentsminister Franck Riester «versehentlich» sagte, die Frauen würden «ein wenig benachteiligt» und die konservative Zeitung «Le Figaro» vorrechnete, dass der Kinderbonus für Mütter durch die Rentenreform in der Tendenz sinke, kommt die Reform gar nicht gut an. Die Premierministerin Elisabeth Borne spricht von Spezialkonditionen für Mütter und für Frauen mit unterbrochenen Karrieren und erklärt, die Erhöhung sei «nicht verhandelbar».
Französische Rentenreformen haben eine Geschichte:
- 1995 scheiterte Premier Alain Juppé wegen Widerstands auf der Strasse.
- 2010 brachte Präsident Nicolas Sarkozy das heutige Rentenalter gegen allen Widerstand durch.
- Die Erhöhung von 62 auf 64 Jahren, die jetzt zur Diskussion steht, ist offen. Der grosse Protest von links bis rechts wirkt allerdings entschlossen und von der Bevölkerung getragen. Will Präsident Emmanuel Macron seine Reform durchsetzen, wird er auf jeden Fall Änderungen vornehmen müssen. Die Frauenrenten spielen dabei eine grosse Rolle.
PD/cfo / Bild: NZZ