Nicht ohne Rucksack, Kopftuch (Kelle und Handbesen)
Seit über 50 Jahren dokumentiert, erforscht und bewahrt die Kantonsarchäologie St. Gallen Funde und Befunde. Für das Historische und Völkerkundemuseum und die Kantonsarchäologie bedeutet das, Rückschau zu halten auf die ersten 50 Jahre, aber auch die Zukunft nicht aus dem Auge zu verlieren. Die aktuelle Ausstellung „Etwas gefunden?“, im HVM, die bis zum September 2017 verlängert wurde, will auf die Wichtigkeit der Kantonsarchäologie hinweisen, ferner u.a. zwei Frauen in den Vordergrund rücken, die Wesentliches zur erfolgreichen Geschichte beigetragen haben.
Sarah Leib, Kuratorin Archäologie im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen, hat eine Jubiläums-Broschüre mit dem Titel „Etwas gefunden?“ verfasst. Darin kommen auch Katrin Meier, Leiterin Amt für Kultur St. Gallen, Regula Steinhauser-Zimmermann, Stellvertreterin des Leiters Kantonsarchäologie St. Gallen und Martin Peter Schindler, Leiter Kantonsarchäologie St. Gallen zu Wort. Sehr eindrücklich sind die s/w Illustrationen. Beim Gang durch die Ausstellung zur Geschichte der Archäologie beeindruckt dann besonders der Erste Archäologische Fundbericht von Vadian aus dem Jahr 1549.
Franziska Knoll- Heitz (1910- 2001) aus St. Gallen, war von Beruf nicht etwa Archäologin, sondern Lehrerin und Mutter von vier Kindern. Sie trat die Nachfolge von „Burgenvater“ Gottlieb Felder (1866- 1950) an, der seit Anfang des Jahrhunderts die Burgen des Kantons erforscht hatte. Fast vier Jahrzehnte lang leitete Franziska Knoll- Heitz die Burgenforschungskurse, und zwar von 1952 bis 1958 auf der Iddaburg bei Gähwil, danach von 1958 bis 1990 auf dem Burghügel Gräpplang bei Flums. Jedes Jahr verfasste sie darüber einen Forschungsbericht. Insgesamt 725 interessierte Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten nahmen an den Kursen teil. Eine grosse Plakatwand in der Ausstellung führt die Namen aller Kursteilnehmer auf,.
Dr. Irmgard Grüninger, geb. 1937, Kantonsarchäologin von 1970 bis 1999, tritt ihre Stelle am 1. Juli 1970 an. Sie ist die erste vollamtliche Kantonsarchäologin von St. Gallen. Ihr Büro befindet sich zunächst am Burggraben, später an der Lämmlisbrunnenstrasse, nur wenige Minuten vom Museum entfernt. „Wenn Sie in Ihrem Garten ein Römerbad vermuten oder wenn Ihr Gartenzwerg Latein spricht, dann müssen Sie unbedingt der Kantonsarchäologin Fräulein Dr. Grüninger berichten, am besten schriftlich, da ihr Telefon noch nicht funktioniert“, heisst es u.a. im Artikel des Tagblatts von 1970 zur Einführung der neuen Kantonsarchäologin. „ Frau Grüninger leistete Grossartiges für die Archäologie des Kantons – vor allem, wenn man bedenkt, dass sie die Position in Personalunion bekleidete“, sagt Sarah Leib und erwähnt, dass Irmgard Grüninger zusätzlich die archäologische Dauerausstellung des HVM bis zu ihrem Ruhestand 1999 ehrenamtlich betreut hat.
Die an der Universität Basel ausgebildete Archäologin führte trotz personellen Mangels und knapper finanzieller Mittel zahlreiche Notgrabungen im ganzen Kanton durch. Ihre Schwerpunkte: Grabungen in Kirchen und bereits bekannten Fundstellen wie dem römischen Kempraten. In ihre Amtszeit fiel auch das „Projekt Wartau“ der Uni Zürich. 1996 startet ein Projekt zur Erfassung der archäologischen Funde und Fundstellen im Kanton St. Gallen, durchgeführt von Martin Peter Schindler, dem heutigen Kantonsarchäologen. Seine Stellvertreterin ist Regula Steinhauser-Zimmermann.
Irmgard Grüninger dokumentierte bei archäologischen Massnahmen vor Ort von Hand und archivierte ihre Notizen anschliessend. Ab 1971 erscheinen jährlich „Archäologische Forschungsberichte“ in den Neujahrsblättern des Historischen Vereins des Kantons St. Gallen. „Rucksack und Kopftuch (Kelle und Handbesen)“ sind ein „must“ für Irmgard Grüninger- nicht nur bei Grabungen. Dort zählen auch Handbesen und Kelle, die bereits ihr Vater Jakob Grüninger verwendete, zur alltäglichen Ausstattung“ ergänzt Sarah Leib, ihres Zeichens Kuratorin der archäologischen Abteilung am HVM.
Anlässlich des Grosselterntags 2017 lädt das HVM ein , am Sonntag, 12.März um 11 Uhr zum „Picknicken vor tausenden von Jahren- Urgeschichtliche Geschirrkeramik aus Oberriet“. Führung für Klein und Gross zum „Fenster der Kantonsarchäologie“.