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Geschäftsführerin und Projektmanagerin m/w gesucht…

Geschäftsführerin und Projektmanagerin m/w gesucht…

Die Bâloise-Versicherungsgruppe geht neue Wege. Sie benutzt bei Jobinseraten nur noch die weibliche Formulierung. Eine Expertin begrüsst diesen Schritt – weist aber auch auf Probleme hin.

Von der Verkaufsleiterin, über die Projektleiterin bis hin zur Bauingenieurin: Die Versicherung Bâloise ist auf der Suche nach neuen Angestellten, wie der Job-Rubrik auf ihrer Webseite zu entnehmen ist. Doch was auffällt: Die Stellenbezeichnungen sind alle in der femininen Bezeichnung formuliert. In Klammern gleich dahinter steht dann noch die Abkürzung w/m, um zu signalisieren, dass sowohl Männer als auch Frauen gesucht sind.

Diese Strategie ist neu, wie Bâloise-Manager Markus Giess auf Anfrage bestätigt. Die Stellentitel seien im April 2021 für alle deutschsprachigen Stellen in der Schweiz umgestellt worden – das Tessin und die Romandie sollen folgen. «Der Grund für die Umstellung ist, dass wir ein deutliches Zeichen setzen wollten, dass Bewerbungen von Frauen nicht bloss akzeptiert, sondern explizit erwünscht sind.» Noch sei es aber zu früh für ein Fazit zur neuen Handhabung.

Mehr Diversität, bessere Resultate

Der Konzern begründet den Schritt auch damit, dass man überzeugt sei, dass sich Diversität beim Personal auf die Kultur, die Zusammenarbeit und die Ergebnisse positiv auswirke. Ein besonderes Augenmerk liege auf jenen Bereichen mit tendenziell hohem Männeranteil, wie im Versicherungsaussendienst oder in der Informatik. Zudem wolle man vermehrt Frauen in Leitungsstellen positionieren. Hier hat der Versicherungskonzern denn auch Nachholbedarf. Im oberen Management beträgt der Frauenanteil gerade mal rund 10 Prozent, im Verwaltungsrat sind es 20 und über alle Kaderstellen hinweg 30 Prozent.

Auch wenn erste Erkenntnisse aus der Umstellung bei der Bâloise noch fehlen – Nora Keller, Projektmanagerin am Kompetenzzentrum Diversity & Inclusion der Universität St.Gallen, begrüsst den Entscheid beim Versicherungskonzern schon jetzt. «Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Strategie Erfolg haben wird.» Es gebe verschiedene Studien, die zeigten, dass sich viele Frauen vom generischen Maskulinum nicht angesprochen fühlten und sich in der Folge auch nicht für eine ausgeschriebene Stelle bewerben würden. Keller:
«Deshalb dürfte die Bâloise schon bald deutlich mehr Lebensläufe von Frauen im Briefkasten und in der Mail-Inbox haben.»

«Geschäftsführerin, die auch ein Mann sein kann»

Vor zwei Jahren hat beispielsweise der Verband der Informatik- und Internetbranche Swico per Inserat eine «neue Geschäftsführerin, die auch ein Mann sein kann» gesucht. Seither wird die Organisation von Judith Bellaiche geleitet, die sich von der Formulierung angesprochen fühlte. «Das beweist: mit ein paar wenigen Änderungen kann man viel erreichen», sagte sie damals der «Bilanz». Die Bâloise ist hierzulande mit ihrer konsequenten, femininen Stellenausschreibung eine Ausnahme. Auch die Expertin für Diversitätsfragen, Nora Keller von der Universität St. Gallen, kann kein anderes Schweizer Unternehmen nennen. Sie hofft aber, dass weitere Firmen diese Massnahme übernehmen, sofern der interne Frauenanteil zu tief sei.

Und was ist mit der genderneutralen Formulierung?

Gleichzeitig weist sie auf ein Problem hin. «Genauso wie das generische Maskulinum sollte auch das generische Femininum nicht zum Standard werden», sagt Keller. Die Formulierung mit dem Suffix «-in» sei ein spannender, temporärer Ansatz, um für eine bessere Geschlechter-Balance in einer Firma zu sorgen. Doch auch diese Formulierung schliesse rund die Hälfte der Gesellschaft aus. Zudem: Sowohl das generische Maskulinum als auch das generische Femininum spricht nicht alle Personen an, die sich als Teil der LGBTQI+-Gemeinschaft identifizieren – Menschen unterschiedlicher, sexueller Orientierung und Geschlechtsidentitäten. Die Buchstaben stehen für lesbisch, schwul (gay), bisexuell, trans, queer und intersexuell.

Text: Aargauer Zeitung / Bild: Nora Keller, Universität St. Gallen

Plädoyer für das Gendersternchen

Bâloise-Manager Giess sagt, man habe in der Vergangenheit über ein Jahr hinweg einen grossen Prozentsatz von Stelleninseraten genderneutral formuliert, zum Beispiel Kundenberatung statt Kundenberater. Dies habe sich aber nicht bewährt. «Es macht einige Stellentitel schwerfällig und damit weniger attraktiv und es reduziert Bewerbende auf eine Tätigkeit.»

Nora Keller plädiert deshalb für das Gender-Sternchen oder den Gender-Doppelpunkt, welche in der deutschen Sprache vermehrt zu sehen sind. «Diese Formen sind inklusiver und sprechen alle Personen an.» Dass sich diese beiden Alternativen noch nicht überall durchgesetzt hätten, sei allerdings nicht nur auf ideologische, sondern auch auf praktischen Gründe zurückzuführen. Keller eklärt:

«Viele Suchmaschinen sind noch nicht auf die Doppelpunkt- und Sternchen-Formulierung ausgerichtet und so riskieren die Firmen, dass ihre Stelleninserate nicht wahrgenommen werden.»

Die Swiss sagt den «Ladies and Gentlemen» bye-bye

In Deutschland ist die Gender-Debatte in der Wirtschaft derweil weiter vorangeschritten. Wie die «Welt» berichtete, hat eine Analyse des Münchner Ifo-Instituts und des Personaldienstleisters Randstad kürzlich ergeben, dass in mehr als jedem dritten Unternehmen die genderneutrale Sprache verwendet wird. Auf das generische Maskulinum wird in diesen Firmen also verzichtet.

In der Schweiz hat die Bundesverwaltung zuletzt den Genderstern und ähnliche Schreibweisen untersagt. Sie führten zu «einer ganzen Reihe von sprachlichen Problemen». Die Swiss hat hingegen entschieden – so wie viele andere Airline auch – auf die genderneutrale Sprache zu wechseln, auch an Bord. Die klassische Begrüssung mit «Dear Ladies and Gentlemen» dürfte also bald Vergangenheit sein.

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