Frauenrütli – 50 Jahre wahre Schweizer Demokratie werden gefeiert
Als am 1. August 1975 in der Person von Landrätin Hildegard Simmen Schmid aus Altdorf – übrigens eine gebürtige Ostschweizerin – zum ersten Mal eine Frau die Ansprache zur Bundesfeier auf dem Rütli hielt, war das Wahl- und Stimmrecht der Frauen in der Schweiz gerade mal vier Jahre jung. Und es sollte wieder zwei Jahrzehnte dauern, bis 1995 die Luzerner Ständerätin Josy Meier an diesem geschichtsträchtigen Ort das Wort ergriff – gefolgt von sieben weiteren weiblichen Persönlichkeiten bis 2019. Am 1. August 2021 aber werden Frauen am «Frauenrütli» im Zentrum stehen.
Als im Jahr 2007 Micheline Calmy-Rey als erste amtierende Bundespräsidentin überhaupt die Bundesfeier-Ansprache auf dem Rütli hielt, kam dies bei konservativen Kräften nicht sehr gut an, sprach sie damals doch Themen wie Rechte von Minderheiten und Chancengleichheit, sowie die Bedeutung von Rede-, Versammlungs- und Religionsfreiheit an – und damit lauter Themen, die wenig Grund zum traditionellen Feiern des Bundesfeiertages gaben, weil sie doch eigentlich «selbstverständlich waren» und den Grossteil der Meinung der Schweizer*innen und Schweizer so gar nicht ablichteten. Ein «Frauenfest» habe man gefeiert, war in den Medien zu lesen, ein Fest, das der Bedeutung der Wiege der Schweiz so gar nicht entsprach und zudem von allen bisherigen Traditionen abwich.
Am 1. August 2021 soll die Wiege der Schweiz komplett in Frauenhand sein, als Anlass zu einem halben Jahrhundert Einführung der «eigentlichen Demokratie», denn wie könnte eine Demokratie eine Demokratie sein, wenn sie die Hälfte der Bevölkerung aussen vor sein lässt? Sämtliche Gemeinden der Schweiz – von Aarburg bis Zofingen – wurden aufgefordert, an ihren Feiern Rednerinnen das Wort zu geben. Damit zollt man(n) den demokratischen Errungenschaften durch die Schweizer Frauen einen längst verdienten Respekt.
Das «Frauenrütli» wird anders, ohne Festbänke, ohne Bratwurst und Bier, dafür spielerisch und interaktiv und trotzdem feierlich und schön. Die Schweiz ist bunt, nicht bloss rot und grün. Die Meinungen der Schweizer*innen sind nicht alle gleich. Eine Demokratie MUSS dies ablichten können, um glaubwürdig zu sein. Die Situation unterscheidet sich sonst nicht von jener vor fünfzig Jahren, als die Frauen noch kein Mitspracherecht hatten. Färben wir Bürger*innen aller Couleurs also nicht nur am Bundesfeiertag, sondern an jedem Tag im Jahr, die Schweiz bunt und auch lila. Wie es sich anfühlt, nur Mitläufer und mitgedacht zu sein, werden die Männer am «Frauenrütli» erleben dürfen. Sie sind zwar ebenfalls willkommen am Fest, doch halt nur als Begleitung.