Emma Kunz und die Heilkunde im Appenzellerland – Buch-, Ausstellungs- und Ausflugstipp
Besonders im Kanton Appenzell Ausserrhoden haben sich – dank der liberalen Gesetzgebung im 19. Jahrhundert – viele traditionelle Heilpraktiken erhalten, die früher in den meisten Alpenländern eine grosse Rolle spielten. Die Volksmedizin nahm dadurch in Ausserrhoden schweizweit eine hervorragende Stellung ein, Die Ausstellung «gut ist was hilft» im Appenzeller Volkskundemuseum Stein geht darauf ein und beleuchtet die Geschichte der Volksmedizin von deren Anfängen bis zur Gegenwart, von der Heilwirkung der Kräuter bis zu gesundheitsfördernden Anwendungen.
Einen besonderen Blick wirft die Ausstellung auf die noch heute praktizierten traditionellen Heilmethoden, wie beispielsweise das Schröpfen, die Verarbeitung und den Einsatz von Heilkräutern und Essenzen und auf das in Appenzell Innerrhoden noch heute praktizierte Gesund-Beten.
Zahlreiche Heilpraktiker und Therapeuten aus der ganzen Schweiz, unter ihnen auch Emma Kunz, sowie solche aus dem benachbarten Ausland hatten seit jener Zeit die Möglichkeit sich in Ausserrhoden niederzulassen. Und auch heute können hier Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker ihren Beruf ausüben und ihre Hausspezialitäten anbieten, sofern sie die kantonale Zulassung bestanden haben.
Auch Emma Kunz, die aus dem aargauischen Brittnau stammende Heilerin, Forscherin, Visionärin und Künstlerin, die die letzten zwölf Jahre ihres Lebens (von 1951 bis 1963)in Waldstatt verbrachte, konnte hier ihre Forschungstätigkeit und die Anwendung ihrer Naturheilmethoden frei ausüben.) «Emma», so lautet der Titel des bewegenden wie spannenden biographischen Roman. Die Autoren Yvon Mutzner und Peter Donatsch sind den Spuren Emma Kunz in Archiven und in Gesprächen mit Zeitzeugen gefolgt. Historische Bruchstücke haben sie mit fiktiven Teilen zum Ganzen gefügt.
Schon als junge Frau besass Emma Kunz aussergewöhnliche Fähigkeiten. Sie las die Gedanken anderer Menschen, heilte Krankheiten und sagte zukünftige Ereignisse voraus. Sie forschte leidenschaftlich nach den universalen Mustern des Lebens. Die Anerkennung der wissenschaftlichen Welt blieb ihr aber zu Lebzeiten versagt. Emma wurde als Hexe gebrandmarkt, Behörden hetzten sie durch die halbe Schweiz. Sie hat aber Methoden hinterlassen, mit denen sie die Zukunft präzise voraussagen und die Ursachen und Heilungsmöglichkeiten von Krankheiten bestimmen konnte – Methoden, deren Geheimnis bis heute nicht entschlüsselt ist.
«Emma Kunz‘ Zeichnungen stellen Muster dar, und sie war in der Lage, Vorhersagen aufgrund dieser Zeichnungen zu machen. Sie war eine begnadete Forscherin und entwickelte einen völlig neuartigen, bis in die heutige Zeit für die meisten Menschen unvorstellbaren Ansatz bezüglich des menschlichen Denkens und Fühlens. Einen Ansatz, der die kreativen und intuitiven Fähigkeiten als Teil der Intelligenz in die Leistungen des menschlichen Gehirns miteinbezieht. Ihr Leben und ihr Schaffen lassen den Eindruck entstehen, als sei es ihr vor allem um eines gegangen: Allen Menschen das Wissen zu vermitteln, wie wir mit Hilfe ihrer Zeichnungsmethode zu tiefen Erkenntnissen gelangen können», heisst es im Nachwort des Romans «Emma», der im Appenzeller Verlag erschienen ist.
«Erst nach ihrem Tod wurde Emma Kunz – dank dem bekannten Ausstellungsmacher Harald Szeemann – zur hochgeachteten Künstlerin. Ihre Bilder wurden in Europa und den USA gezeigt. 1993 ehrte die Eidgenossenschaft sie mit einer Briefmarke–als erste Schweizerin überhaupt. Auch Waldstatt steht da nicht nach und ehrt seine ehemalige Bewohnerin mit einem Emma-Kunz-Pfad, der mit Infotafeln über ihr Leben und Wirken versehen ist. Er führt vom Dorfbrunnen, vorbei an ihrem damaligen Haus (heute in Privatbesitz) ins Badtobel, einem ausgewiesenen Kraftort, und weiter zum idyllisch gelegenen Weiher beim Bad Säntisblick. (Quelle: 111 Orte rund um den Säntis, die man gesehen haben muss). Derzeit wird der Pfad aufgefrischt und soll 2020 wieder eröffnet werden.
In Susch findet augenblicklich die Ausstellung «Emma Kunz – Visionäre Zeichnungen» statt, die bis zum 10. November 2019 dauert.